1866 König Wilhelm und Bismarck. 275
Aber so viel sie vermochten, das entscheidende Wort ge-
hörte nicht ihnen, sondern ihrem Monarchen. Wenn nöthig
für Preußens Ehre, war König Wilhelm zum Kriege gegen
Osterreich so fest wie irgend ein Mensch entschlossen, aber
es war für ihn ein ebenso schwerer wie schmerzlicher Ent-
schluß. Politische Grundsätze, Familienerinnerungen, persön-
liche Verhältnisse zogen ihn zu Osterreich hinüber und machten
ihm jede Anknüpfung mit Napoleon unerfreulich. Er sagte
sich mit sicherer Deutlichkeit, daß er an einem Wendepunkte
der preußischen Geschicke stehe, und im Begriffe sei, von dem
bisherigen, vielfach eingeengten, aber festen Boden hinweg einer
hoffentlich glorreichen, einstweilen aber unsichern und gefahr-
vollen Zukunft entgegen zu schreiten. Vor Allem aber hatte
er in seinem tiefen Pflichtgefühl das bestimmte Bewußtsein
der unermeßlichen Verantwortlichkeit, welche mit der Macht
der Entscheidung auf sein königliches Haupt gelegt war. Er
kannte die Schrecknisse eines jeden Kriegs und die unabseh-
bare Tragweite des vorliegenden Streites, und unerschütter-
lich war seine Entschließung, lieber durch Verzögerung des
Bruchs es auf etwas schwerere Opfer zu wagen, als vor
Erschöpfung des letzten friedbringenden Mittels zum Schwerte
zu greifen.
So waren in dieser Zeit die Erwägungen des preußischen
Cabinets keineswegs immer einstimmig. Zwar schlossen sich
die übrigen Minister durchgängig Bismarck an, mit Ausnahme
etwa Bodelschwingh's, welcher seine Unfähigkeit empfand, bei
einem großen Kriege seinem Amte gerecht zu werden. Aber
zwischen dem Könige und seinem ersten Berather gab es oft
harte Auseinandersetzungen und schwere Stunden; jedoch ist
für die Zwecke dieses Buches nicht erforderlich, ihnen im
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