Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1864 Italienische Stimmungen. 21 
entfernt, zum Kriege zu hetzen, hielt aber durch die Bekundung 
seiner Sympathie Italiens Blick fest auf Venetien gerichtet, 
dessen Erlangung vielleicht ja durch seine Vermittlung in 
freier Übereinkunft erzielt werden könnte. Hiemit traf er nun 
La Marmora's geheimste Wünsche. Der General war tapfer 
im Kampfe, kannte aber als militärischer Sachverständiger 
die Mißlichkeiten eines österreichischen Kriegs. Eine Aussicht, 
durch Napoleon's Hülfe Venetien ohne Blutvergießen zu er- 
werben, that seinem Herzen wohl. Als im November die 
Turiner Kammer die Verlegung der Residenz verhandelte, 
wies La Marmora am 12. mit großer Deutlichkeit auf die 
Vortheile hin, welche der Vertrag auch hinsichtlich der vene- 
tianischen Frage dem Königreich zuwende. Hätte ich, sagte 
er, mit dem Kaiser Franz Joseph darüber verhandeln können, 
so wäre ich in der Lage gewesen, ihm solche Gründe von 
gegenseitigem Interesse darzulegen, daß sie ihn zur Abtretung 
Venetiens bewogen hätten. Er dachte dabei, neben der diplo- 
matischen Mitwirkung Frankreichs, an einen Eintausch Vene- 
tiens gegen eine Geldentschädigung, und entschloß sich für 
den Augenblick wegen der drückenden Finanznoth zur Ver- 
minderung des Heerbestandes um 85000 Mann. Als am 
17. November General Bixio ihn darüber interpellirte, einen 
Erwerb Venetiens durch Kauf verwarf und die Nothwendig- 
keit verkündigte, daß Italiens sämmtliche Provinzen die Un- 
abhängigkeit des Vaterlandes mit ihrem Blute besiegelten: 
da antwortete La Marmora mit ironischer Freundlichkeit, er 
könne den ehrenwerthen Bixio nicht für so blutgierig halten, 
daß er auch dann Krieg führen wolle, wenn das geforderte 
Ergebniß ohne die entsetzlichen Opfer des Schlachtfeldes sich 
erringen ließe.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.