Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1866 Cntscheidung des Königs. Verhandlung mit Napoleon. 285 
die deutsche Frage zu stellen sei (wir werden gleich er- 
fahren, im Sinne welcher Lösung): damit wäre eine weitere 
Ausdehnung des Streitobjectes in größtem Maaßstab gegeben, 
und der Fall eingetreten, für welchen Napoleon sich bisher 
freie Hand vorbehalten, gegen Bismarck aber den Wunsch 
einer persönlichen Correspondenz mit dem Könige geäußert 
hatte. Unter Bezugnahme auf diese Worte des Keisers 
übersandte ihm der König am 3. März ein eigenhändiges 
Schreiben, der damals bezeichnete Augenblick eines specielleren 
Einvernehmens sei gekommen; Goltz sei beauftragt, dem 
Kaiser mit rückhaltloser Offenheit unsere Beurtheilung der 
Lage und die dadurch für Preußen erforderliche Haltung 
darzulegen; Napolcon's Auffassung dieser Ansichten werde 
der König mit der Discretion aufnehmen, welche dem per- 
sönlichen Charakter, den Napoleon diesem Ideenaustausch 
beilege, entspräche. 
Mit andern Worten, man wünschte zu erfahren, ob 
und unter welchen Bedingungen Napoleon sich im Kriegsfall 
zu einer unbedingten Neutralität verpflichten würde. 
Gleich nach seiner Ankunft in Paris besuchte Goltz am 
5. März zuerst den Minister Drouyn de Lhuys, tauschte mit 
ihm die üblichen Freundschaftsversicherungen aus, gab ihm aber 
keine Kenntniß von dem königlichen Briefe, was Napoleon nach- 
her vollkommen billigte. Am Abend desselben Tages wurde er 
von dem Kaiser empfangen und gab diesem die in dem 
königlichen Briefe verheißenen Aufklärungen. Es handle 
sich nicht mehr um Schleswig-Holstein allein; die gesammte 
Haltung Osterreichs und die maaßlosen Angriffe der von ihm 
inspirirten Presse schlössen jeden Zweifel an den kriegerischen 
Absichten des Wiener Cabincttes aus. Hienach müsse Preußen
	        
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