Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

22 Der italienische Septembervertrag. 1864 
Eine vertrauliche Mittheilung aus Paris, welche ihm 
in diesen Tagen zukam, konnte ihn in solchen Stimmungen 
nur bestärken. 
Wir erinnern uns an Bismarck's Ausspruch in jenem 
Briefe an den König vom 16. October, nach Rechberg's 
Entlassung werde Schmerling sehr bald durch seine Pariser 
Preßagenten mit Frankreich Fühlung suchen, vermittelst An- 
erkennung des Königreiches Italien diesen Gegner entwaffnen, 
und dann unter dem Beifall der Mittelstaaten Preußen jeden, 
auch den geringsten Gewinn aus dem dänischen Kriege streitig 
machen. Jetzt also war Rechberg entlassen, und am 19. No- 
vember schrieb Ritter Nigra an den General La Marmora, 
aus einer Unterredung mit Drouyn de Lhuys und andern 
glaubwürdigen Informationen ergebe sich ihm, daß Österreich 
nicht mehr abgeneigt gegen die Anerkennung des Königreichs 
Italien wäre, und dafür keinen ausdrücklichen Verzicht auf 
Venetien, sondern nur das Versprechen loyaler Nachbarschaft 
begehren würde, dann würde das Wiener Cabinct auch zum 
Abschlusse von Handelsverträgen bereit sein, wie denn die 
ganze Tendenz der österreichischen Politik sich im Sinne einer 
Annäherung an Frankreich, und hiedurch an Italien, aus- 
spreche; alle diese Dinge seien freilich bisher nur persönliche 
Intentionen und Meinungen und noch keine amtlichen Vor- 
schläge, immerhin aber auch unter dieser Form von ein- 
leuchtender Wichtigkeit. Daß Nigra seine Angaben nicht aus 
der Luft griff, ist gewiß; aus welcher Wiener Quelle aber 
diese Anregungen stammten, und inwiefern Drouyn de Lhuys 
mit Vorwissen seines Kaisers oder hinter dessen Rücken nach 
seiner alten Liebe zu Osterreich eigenmächtig handelte, lasse 
ich cinstweilen dahingestellt. Das Angebot war in mehr als
	        
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