Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1866 Bismarck's Vorschläge. 297 
den Krieg zu erklären, umgekehrt aber Preußen keine solche 
Verpflichtung übernehmen wollte. Das alte Mißtrauen gegen 
Preußens Zuverlässigkeit und Entschlußkraft erwachte wieder 
in vollem Umfange. Graf Barral, ein ebenso argwöhnischer 
Piemontese, wie La Marmora, war sofort, wie dieser, über- 
zeugt, man werde lediglich eine Wiederholung von Gastein 
erleben, und auch Govone, obgleich ein Mann von völlig 
anderem Temperamente, war im Augenblicke durch seinen 
Minister von denselben Sorgen erfüllt. Nur wenn Preußen 
sich zu sofortigem Losschlagen entschlösse, könne man auf 
seine Ehrlichkeit sich verlassen und mitthun; wenn nicht, so 
gelte es zunächst, sich selbst nicht zu binden, und in Berlin 
Material zur Einschüchterung des Wiener Hofes und zur 
friedlichen Erwerbung Venetiens zu sammeln. Der jetzige 
Antrag Bismarck's erfüllte aber keinen dieser Zwecke. Gerade 
umgekehrt, Italien sollte sich binden, Preußen jedoch freie 
Hand behalten. Nicht einmal zur diplomatischen Bedrohung 
Osterreichs ließ sich dergleichen benutzen. Denn von jeher 
war in Wien alle Welt überzeugt, daß Italien angreifen 
würde, wenn Preußen losschlüge; wollte Italien dort eine 
neue Wirkung erzielen, so mußte es anzeigen können, daß 
Preußen sich zum Losschlagen rüste. 
Govone erklärte also auf der Stelle, daß er für einen 
Vorschlag, wie den eben vernommenen, ohne Instruction sei, 
darüber berichten werde, aber schon jetzt an der Bereitwillig- 
keit seiner Regierung zweifle. Bismarck, indem er die Vor- 
theile seines Antrags nochmals entwickelte, bemerkte dann, 
daß er, falls Italien in seiner abweisenden Haltung beharre, 
wenigstens als Minimum seiner Wünsche einen einfachen, all- 
gemeinen, beständigen Freundschafts= und Allianzvertrag vor-
	        
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