1866 Kaiserlicher Marschallrath. 303
Ganz gewiß ist das wahr, theuerste Gräfin; vom ersten Tage
meines Ministeriums an habe ich keinen andern Gedanken ge—
habt; unsere Kanonen sind heute gegossen, und Sie sollen bald
sehen, wie sie der österreichischen Artillerie überlegen sind.
Entsetzlich, rief die Dame; aber, fuhr sie fort, dann geben
Sie mir einen Freundesrath, da Sie einmal in offenherziger
Laune sind: ich habe zwei Besitzungen, auf welche soll ich
mich flüchten, auf mein Gut in Böhmen, oder auf mein
Schloß bei Leipzig? Wenn Sie mir glauben wollen, ant-
wortete Bismarck, reisen Sie nicht nach Böhmen: eben dort,
und wenn ich nicht irre, gerade in der Nähe Ihres Gutes,
werden wir die Osterreicher schlagen; Sie könnten dort also
schreckliche Abenteuer erleben. Gehen Sie ruhig nach Sachsen;
bei Leipzig wird nichts vorfallen, und Sie werden nicht ein-
mal durch Einquartierung belästigt werden, denn Ihr Schloß
Knauthayn liegt an keiner Etappenstraße .
Als bald nachher Bismarck von andern Diplomaten
über die Außerungen besorglich interpellirt wurde, lachte er,
daß man von der Verspottung einer unpassenden Frage
Notiz nähme. Herr von Beust aber betrachtete, in Erinnerung
an seine langjährige Feindseligkeit gegen Preußens Politik,
die Sache äußerst ernsthaft, sandte die wichtige Enthüllung
nach Wien, rief Osterreichs mächtigen Schutz an, und er-
klärte, daß, wenn Osterreich jetzt rüste, sämmtliche Mittel-
staaten fest zu ihm stehen, anderes Falls aber der Freund-
schaft Osterreichs für immer den Rücken kehren würden?).
1) Rothan, la politique française en 1866, p. 112, nach einer
Mittheilung des Grafen Hohenthal selbst.
2) König Wilhem erwähnte dies in einem Schreiben vom 4. Mai
an König Johann von Sachsen; dieser schrieb zurück, er werde dem-