Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

304 Abschluß des italienischen Bündnisses. 1866 
Nun hatte Mensdorff seine Warnungen gegen jede offensiv 
erscheinende Maaßregel hauptsächlich auf die Kriegsscheu der 
Mittelstaaten gestützt; die sächsische Eröffnung entzog also 
seinem Begehren den Boden, und der Marschallrath gelangte 
zu dem Beschlusse, Truppenverstärkungen nach den an Preußen 
angrenzenden Provinzen zu senden. Bisher hatten in Böhmen, 
Mähren und Westgalizien 60 Bataillone und 34 Schwadronen 
gestanden; dazu stießen jetzt im Laufe des März zehn Ba- 
taillone und dreißig Schwadronen, also in Friedensstärke 
ungefähr 11000 Mann, von welchen neun Bataillone ihre Aus- 
hebungsbezirke in Böhmen selbst hatten, mithin sich binnen 
wenigen Tagen auf Kriegsstärke setzen konnten!). In die 
früheren Garnisonen derselben rückten dann aus entfernteren 
Provinzen andere Truppentheile nach; zugleich erging ein 
Verbot an die Zeitungen, Nachrichten über Truppenbewegungen 
zu bringen. 
Durch diese Verfügungen wurde es möglich, binnen 
kurzer Frist von drei Seiten her 80 000 Mann in Schlesien 
einbrechen zu lassen, wo damals nur 25000 Mann in im- 
mobilem Stande und in den gewöhnlichen Friedensgarnisonen 
vertheilt waren. 
Es war begreiflich, daß diese fast in dem ganzen Um- 
fange des Kaiserstaats bemerkbaren Truppenzüge eine all- 
gemeine Unruhe hervorriefen, und alarmirende, zum Theil 
auch übertriebene Berichte, nicht bloß nach Berlin, sondern 
nächst hierüber völlig befriedigende Auskunft geben; diese ist aber, so viel 
man weiß, bei den rasch wachsenden Kriegsvorbereitungen nicht erfolgt. 
Auch der preußische Gesandte bei den sächsischen Herzogthümern 
erfuhr den Hergang in Meiningen. Bericht vom 23. Mai. 
) Ssterreichs Kämpfe I, 75. Genau damit übereinstimmend das 
(früher erschienene) preußische Generalstabswerk S. 6.
	        
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