Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

308 Abschluß des italienischen Bündnisses. 1866 
in Wien nichts einwenden; die Frage war also ein Schlag 
in's Wasser gewesen, und Mensdorff beeilte sich, die Uber- 
reichung seines Rundschreibens an die Regierungen, wo es 
noch möglich war, abzubestellen. Auch mußte er erleben, daß 
die meisten Regierungen, welche die Depesche empfangen hatten, 
ganz im Gegensatze zu Beust's Versicherungen, in großer 
Kriegsscheu sich auf den formellen Bundesstandpunkt zurück- 
zogen und dringend von jedem Schritte abmahnten, welcher 
zu einer Störung des Bundesfricdens führen könnte. Dem 
preußischen Cabinet wurde der Wortlaut des Actenstücks erst 
nach längerer Zeit, der wesentliche Inhalt desselben aber, 
und mit ihm der diplomatische Feldzugsplan des Gegners, 
sehr bald bekannt. Bismarck säumte nicht, seinen Gegenzug 
zu thun. In einem Rundschreiben an die deutschen Re- 
gierungen, vom 2.4. März, legte er eine genaue Übersicht der 
nach Norden vorgeschobenen und ihnen nachrückenden öster- 
reichischen Regimenter vor, erklärte, daß die königliche Re- 
gierung einer solchen Bedrohung gegenüber Deckungsmaaß- 
regeln ergreifen müsse, und fragte, ob Preußen, falls sich 
hieraus ein österreichischer Angriff entwickele, auf die Hülfe 
seiner Bundesgenossen zählen könne. Zugleich aber nahm er 
von diesen Vorgängen den Anlaß für cine erste Ankündigung 
seiner Pläne zu einer großen Bundesreform, auf dic wir 
unten näher zurückkommen werden. Der Gegensatz zwischen den 
beiden Mächten lag vollständig in den beiden Rundschreiben 
zu Tage: hier Osterreich, welches jede preußische Erhebung 
durch das alte Bundesrecht zu erdrücken, dort Preußen, 
welches durch Zersprengung dieses Rechts Luft und Licht zu 
gewinnen suchte. 
Am 27. März beschloß in Berlin ein Ministerrath unter
	        
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