1864 Osterreich und Preußen. 25
holsteinischen Handel immer neue Verwicklungen heraus-
wachsen zu sehen, wenn man Preußen zu Liebe den Wünschen
der Bevölkerung und des Bundestags ferner Widerstand
leiste. Also Festhalten an der preußischen Freundschaft, aber
auch Festhalten an der richtigen Entscheidung über Schleswig-
Holstein. Sähe Preußen zugleich die ruhige Festigkeit und
die treue Bundesgesinnung Osterreichs, so würde es schließ-
lich sich fügen, wie Friedrich Wilhelm IV. sich gefügt hatte.
So hatte, sahen wir, schon Rechberg seine Entschließung ge-
faßt, und ohne irgend einen Systemwechsel sollte Mensdorff
weiter regieren. Nicht nach Schmerling's Wunsche Preußen
den Rücken zu wenden und auf's Neue mit den Westmächten
anzuknüpfen, war die Absicht: sondern Preußen zu dem
Wiener Programm zu bekehren, dann seine Freundeshand um
so fester zu fassen und damit den Bund der vier legitimen
Großmächte gegen den revolutionären Imperator an der
Seine aufrecht zu halten, dieses Ziel schwebte dem neuen
kaiserlichen Minister vor Augen.
Bei diesen Wiener Gesinnungen aber waren Bismarck's
Besorgnisse wahrlich nicht ohne Grund. Denn bei der Ver-
werthung des Sieges nicht leer auszugehen, dieser Entschluß
stand bei der preußischen Regierung fest, und daß Osterreich
zur Zeit weniger bewilligen wollte, als Preußen zu fordern
gedachte, war auch nach Rechberg's letzten Außerungen
zweifellos. Es standen also ernste, vielleicht schwere Ver-
handlungen bevor, und die Frage war, ob und wie und
wann man zu einem Compromiß gelangen würde. Nun
hatte Bismarck, seinerseits zu jeder mit dem Hauptzwecke ver-
träglichen Nachgiebigkeit bereit, bis zu Rechberg's Entlassung
immer noch an der Hoffnung festgehalten, diesen zu einem