1866 Preußens Antrag auf Berufung eines deutschen Parlaments. 323
knüpfte, nicht an die Vernichtung, sondern an die Ver-
besserung derselben zu denken. Er lud deshalb beide Mächte
ein, der bayerischen Regierung den Verzicht auf bewaffneten
Angriff und die Bereitwilligkeit zu Verhandlungen über die
Wahrung des Bundesfriedens auszusprechen.
Einstweilen hielt sich Bismarck, obwohl nicht ohne Kunde
über diese Stimmung und überrascht durch einen ersten An-
fang bayerischer Rüstungen, noch an die freundliche Seite der
bayerischen Politik, nahm also mit Dank das Erbieten einer
Vermittlung zwischen den Großmächten an, und hoffte auf
Pfordten's Unterstützung bei der Berathung der Bundesreform
in Frankfurt. Denn daß der Antrag auf Berufung des Parla=
ments, jetzt nach Bayerns Zurückziehen, von Preußen allein
gestellt werden müsse, verstand sich von selbst. Schon am
4. April erhielt der Bundestagsgesandte, Herr von Savigny,
darüber vorläufige Weisung; am 8., gleich nach der Zeichnung
des italienischen Vertrags, ging der definitive Befehl nach
Frankfurt ab, und in der Sitzung des 9. April brachte Sa-
vigny den Antrag ein, im Wesentlichen unter derselben Moti-
virung, wie wir sie aus den Depeschen vom 24. März kennen
gelernt haben.
Die erste Wirkung dieses Schrittes in Deutschland wie
in Europa war eine allgemeine Verblüffung. Wie? dieser
Heros der Reaction, der Führer der extremsten Junkerpartei
von 1848, der Verächter und Unterdrücker des preußischen
Landtags, er sollte die aufrichtige Absicht haben, den deutschen
Bund auf die breiteste Basis des allgemeinen Stimmrechts
zu stellen? Kein Mensch wollte es glauben. Einer jeden
Regierung, erklärte der Frankfurter Ausschuß der 36, welche,
das Recht des eigenen Landes mißachtend, mit Plänen einer
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