Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1866 Ungünstige Aufnahme des Antrags. 325 
die Hoffnung aus, ein deutsches Parlament sonst schon zu 
erlangen, wies aber eine solche Gabe aus den Händen der 
preußischen Regierung energisch zurück. Vollends das Organ 
der bayerischen Klerikalen, der Münchener Volksbote, hatte 
nicht Farben grell genug, um die Niederträchtigkeit des Bis- 
marck'schen „Schelmenantrags“ gebührend zu charakterisiren. 
Genug, ein tobender Ruf der Verwerfung erhob sich in allen 
decutschen Gauen, und ein fast einstimmiger Beschluß der 
Mitglieder der zweiten badischen Kammer für Eingehen auf 
den preußischen Antrag verhallte um so mehr in diesem 
Gelärme, als der leitende Minister Badens, der Freiherr 
von Edelsheim, zu den eifrigsten Hitzköpfen der großdeutschen 
Partei gehörte. 
Bei den deutschen Regierungen war der Eindruck des 
Antrags nicht erfreulicher. Ein großer Theil von ihnen 
traute dem Ehrgeize und der Rücksichtslosigkeit Bismarck's 
alles Schlimme zu. Sogar an dem sonst so befreundeten Hofe 
zu Carlsruhe konnte man sich nicht entschließen, den Antrag 
ernst zu nehmen, und erwog, welche verderblichen Pläne hinter 
demselben lauern möchten. In Hannover, wo man eben einen 
stillen Versuch machte, die Mannschaftsstärke der Bataillone 
erheblich zu erhöhen, bezeichnete Graf Platen den Antrag 
geradezu als einen unglückseligen, und König Georg sagte 
dem preußischen Gesandten, es sei ganz schauderhaft, daß in 
solcher Weise durch directe Volksabstimmung auf die Fürsten 
und die Regierungen gedrückt werden sollte. Nicht Alle redeten 
so unumwunden, die Stimmung aber war bei der Mehrzahl 
die gleiche. Sachsen, Württemberg und Baden erwogen mit 
einander die Frage, ob man nicht statt der Bundesreform 
wieder cinmal einen Antrag zu Gunsten Augustenburg's an
	        
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