Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

328 Antrag auf Bundesreform. 1866 
welches sein Reform-Antrag gemacht hatte; er blieb uner- 
schüttert in dem Entschlusse entweder zu Grunde zu gehen, 
oder sein Vaterland zu neuer Größe empor zu führen. Als 
Graf Goltz in erschreckter Aufregung über den Lärm der 
Pariser Börse und deren Gesinnungsgenossen eine Anderung 
der preußischen Politik in Anregung brachte, antwortete ihm 
Bismarck: „es ist höchst bedenklich für das Ansehen einer 
Großmacht, System und Ziele willkürlich zu wechseln, besonders 
aber, Entschließungen, deren Durchführung mit Gefahren ver- 
knüpft ist, bei der Annäherung dieser Gefahren wieder auf- 
zugeben. Daß die in Paris lebenden Börsenspeculanten jeden 
Andern, und nur nicht ihren eigenen Leichtsinn anklagen, ist 
natürlich, kann aber die wohlerwogene Politik Sr. Mojestät 
des Königs zur Umkehr nicht veranlassen."“ 
Er schritt also vorwärts in der Verhandlung der Bundes- 
reform, und wir wollen ihm dabei folgen, obwohl, wie wir 
bald sehen werden, der Gegner ihm nicht die Zeit ließ, auf 
diesem Wege entweder ein positives Ergebniß oder einen be- 
rechtigten Kriegsfall zu gewinnen. 
Daß der Antrag von der Mehrheit des Bundestags 
nicht an der Schwelle abgewiesen, sondern am 21. April die 
Wahl eines besonderen Ausschusses zu seiner Erwägung be- 
schlossen wurde, war wesentlich Pfordten's Werk. Auch 
Osterreich hatte zugestimmt, dabei aber erklärt, daß Preußen 
einen so wichtigen Schritt ohne Zweifel nicht gethan, ohne 
über die Zielpunkte einer Revision der Bundesverfassung mit 
sich im Reinen zu sein; die darauf gegründeten Vorschläge 
müsse der Bundestag kennen, ehe er in eine Verhandlung 
wieder einträte, welche, je nachdem sie auf richtige oder falsche 
Ziele gelenkt würde, zum Heil oder zum Unheil führen müsse.
	        
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