1866 Preußens gemäßigte Reformvorschläge. 331
Bundestags verbleiben. Seine Wünsche in diesen Schranken
zu erhalten, war, wie gesagt, die äußere Lage in jeder Be-
ziehung geeignet. Wir werden sogleich wahrnehmen, daß sich
während dieser Erwägungen der Ausbruch des Kriegs tagtäg-
lich näher rückte; um so mehr empfahl sich eine dem Ausdruck
der Friedensliebe entsprechende Haltung. Das Gewicht dieser
Erwägungen wurde gleichzeitig durch den Umstand noch ge-
steigert, daß Frankreich auf die Berufung eines europäischen
Congresses aller Großmächte zu dringen begann, welcher über
die schwebenden Fragen, die venetianische, die schleswig-
holsteinische und die deutsche, Beschluß fassen sollte. Damit
wurde die Beschränkung der Bundesreform auf ein möglichst
bescheidenes Maaß eine gebieterische Pflicht, um nicht dem
Auslande einen scheinbaren Rechtstitel zur Einmischung in
eine innere Lebensfrage der deutschen Nation zu gewähren.
Hienach wurde dann folgende Mittheilung an den Ausschuß
des Bundestags über Preußens Atbsichten hinsichtlich der
Bundesreform beschlossen.
Eine periodisch einzuberufende Nationalversammlung wird
zur Mitwirkung bei der Bundesgesetzgebung und zur Ersetzung
der bisher in gewissen Fällen erforderten Einstimmigkeit ge-
schaffen. Zur Competenz der so entstehenden Bundesgewalt
gehören die in der Wiener Schlußacte bezeichneten gemein-
nützigen Anordnungen, also die Regelung des Verkehrs-
wesens, Freizügigkeit und deutsches Heimathsrecht. Zoll= und
Handelsgesetzgebung, Schutz des deutschen Handels im Aus-
lande, sowie der deutschen Schifffahrt und Seeflagge, eine
Consularvertretung Gesammt-Deutschlands, Gründung einer
Kriegsmarine, Revision der Bundes-Kriegsverfassung zum
Zwecke, durch bessere Zusammenfassung der Wehrkräfte die