350 Allseitige Rüstung. 1866
geharnischten Vertheidigung zu waffnen, in raschem Verlaufe
zu dem Entschlusse activer Kriegspolitik geführt.
Sehen wir, wie sich gegenüber dieser plötzlichen und
umfassenden Offensive die Gegner Osterreichs verhielten.
Am schnellsten kam der schwächere und ungeduldigere,
kam Italien zum Entschluß.
La Marmora erhielt die erste Nachricht von den Wiener
Vorgängen über Berlin am 23. April; nach wenigen Stunden
erschienen Bestätigungen aus Petersburg und München, und
dann in rascher Folge die Meldungen über den Aufbruch
der österreichischen Grenzregimenter, die Einberufung der vene-
tianischen Reservisten, die Uberweisung des dortigen Eisen-
bahndienstes an die Militärbehörde, kurz, alles dessen, was
zu einer Rüstung großes Styls gehört. Im höchsten Grade
aufgeregt, schwankend zwischen der Befriedigung über das
Herannahen der ersehnten Explosion und der Sorge einer
verderblichen Uberrumpelung des unbewehrten Landes, be-
eilte sich der Minister, zunächst das Orakel in Paris zu
befragen. Leider fiel die Antwort nicht nach seinen Wünschen
aus. Napoleon empfahl auch jetzt auf das Bestimmteste
kaltes Blut und gelassene Ruhe. Italien möge fortfahren,
den Wiener Hof sich vor Europas Augen als Angreifer
hinstellen zu lassen; möge es den eigenen ungetrübten
Friedensstand in gemessenem Tone ohne Leidenschaft öffent-
lich darlegen, vor Allem aber nicht selbst ohne Noth zu
Rüstungen schreiten: dann werde es des Beifalls der civili-
sirten Welt und im Nothfalle der Unterstützung Frankreichs
versichert sein.
Ich verhehle es nicht, schrieb La Marmora, daß dieses
Telegramm, vom 24. April, mich schmerzlich betroffen hat.