Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1866 Mobilmachung des italienischen Heeres. 351 
In der That, wenn Osterreich plötzlich über das ungerüstete 
Italien hereinbrach, so konnte es dort trotz des Tadels der 
civilisirten Welt unermeßlichen Schaden anrichten, bis die 
französische Hülfe zur Stelle war. Aber noch mehr! La 
Marmora, so sehr er gestrebt hatte, Venetien durch Kauf 
oder Tausch zu gewinnen, hatte nach dem Fehlschlagen dieser 
Versuche jetzt doch seine Hoffnung auf den Krieg gestellt, 
und zwar auf den baldigen Krieg, da sowohl die Finanznoth 
als der Parteihader ein langes Hinhalten für Italien ebenso 
wie für Osterreich unmöglich machten. Entweder mußte die 
Armee ohne Zaudern auf den Kriegsfuß und zum Schlagen 
kommen, oder sogar ihr Friedensstand vielleicht um ein Drittel 
verringert werden. So hatte der Minister mit brennender 
Ungeduld auf Preußens Vorgehen gewartet, und meinte jetzt, 
daß Osterreichs Rüstung dasselbe unvermeidlich mache. Dann 
aber lag es auf der Hand, daß auch Italien nicht eine Stunde 
zaudern würde, sich in streitfähigen Stand zu setzen. So tele- 
graphirte er am 26. April nach Berlin an seinen Gesandten 
den Auftrag: „sehen Sie, was die preußische Regierung von 
alledem denkt, und was sie zu thun beabsichtigt.“ An dem- 
selben Tage empfing er die Antwort: „Bismarck sagt, er 
wisse, daß die österreichischen Rüstungen nicht bloß in Venetien, 
sondern allenthalben beschleunigt würden; Werther solle in 
Wien erklären, daß dann auch Preußen nicht abrüsten, und 
gegenüber einem Angriffe auf Italien nicht gleichgültig bleiben 
könne, da man Italien zur Erhaltung des europäischen Gleich- 
gewichts nothwendig erachte.“ Dies war noch nicht aus- 
drücklich eine Verheißung sofortiger Kriegserklärung, wohl 
aber eine bestimmte Zusage preußisches Beistandes bei einem 
österreichischen Angriffe. Wie die Dinge lagen, genügte das
	        
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