1866 Preußen hält noch zurück. 353
compromittiren. Wohl empfing Freiherr von Werther auf
die erste Kunde von der österreichischen Mobilmachung am
25. April die telegraphische Weisung, als seine persönliche
Ansicht dem Grafen Mensdorff die Vermuthung auszusprechen,
daß Preußen nicht abrüsten könne, wenn Osterreich im Süden
große Heeresmassen aufstelle; zugleich ging zu seiner nähern
Instruction jene nach Florenz gemeldete Depesche an ihn ab,
welche besonders auf die Einziehung der venetianischen Ur-
lauber zu den böhmischen Regimentern hinwies, und mit dem
Satze schloß, daß bei der jetzigen Spannung mit Osterreich,
bei dessen feindseliger Begünstigung der Augustenburger Partei,
eine Niederlage Italiens eine wesentliche Schädigung der
Stellung Preußens in Europa in sich schließen würde. Noch
bestimmter sprach sich Bismarck an demselben Tage auch
gegen den französischen Botschafter, Grafen Benedetti, aus:
bei einem Angriffe Osterreichs auf Italien sei Preußen durch
die Loyalität, so wie durch sein eigenes Interesse verpflichtet,
am Kriege Theil zu nehmen. So nachdrücklich und jeden
Zweifel beseitigend, redete er in diesem Sinne, daß Benedetti
auf die Vermuthung kam, es beständen zwischen Berlin und
Florenz noch andere Abmachungen, als der bekannte Vertrag
vom 8. April, welcher eine solche Verpflichtung Preußen ja
nicht auferlege!). Immer war Bismarck entschlossen, vor
dem Eintreffen der österreichischen Erwiderung auf seine
Depesche vom 21. April keinen Schritt zu militärischer Action
zu thun, noch auch gegen das Wiener Cabinet in amtlicher
Weise diplomatische Erklärungen zu erlassen. Einstweilen
schrieb er am 27. April nach Dresden und Stuttgart, um
Beschwerde gegen die auch dort begonnenen Rüstungen zu
1) Benedetti, mission en Prusse 114, 115.
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. IV. 23