358 Allseitige Rüstung. 1866
aber die eben angekündigte Einberufung der Reservisten un-
vereinbar, und weiter meldete Prinz Psenburg, daß die Auf-
regung des Königs über Preußens Parlamentsantrag in
stetem Wachsen begriffen sei, daß derselbe in der Bundes-
reform nur die Absicht seiner und seiner Mitfürsten Mediati-
sirung erkenne, und die in Holstein eingesogene Erbitterung
seiner Ofsiciere gegen Preußen auf alle Weise befördere.
Für sich allein wäre dies Ubelwollen dem mächtigen Nachbar
wenig gefährlich gewesen, da nach löblichem Bundesbrauch
das hannoversche Heerwesen bei unbedingter Trefflichkeit der
Leute in allen materiellen Beständen recht übel bestellt war.
Aber auch hier wirkte der Gedanke an die Osterreicher in
Holstein ein; man vernahm von der Absicht, ein hannover-
sches Lager bei Stade zu bilden; man erfuhr, daß diese kleine
Festung mit ganz unverhältnißmäßigen Massen von Geschütz,
Munition, Utensilien aller Art angefüllt wurde; man hörte
von Vorbereitungen für die Ausrüstung eines holsteiner Con-
tingents für Augustenburg. Auch hier also war für Preußen
die Gegenvorkehrung unerläßlich. Am 7. Mai wurde die
Mobilisirung des westfälischen (siebenten) Armcecorps befohlen,
und am 9, eine sehr ernste Depesche nach Hannover erlassen,
welche unverhüllt auf die schweren Folgen jeder Rüstung
hinwies, und dann auch die Wirkung erzielte, daß trotz großer
Mißstimmung des Königs Graf Platen sich zur Verhandlung
eines Neutralitätsvertrags am 13. bereit erklären durfte.
Endlich gaben bedenkliche Nachrichten aus Süddeutsch-
land, welche sogleich zu berichten sind, den Anlaß zu der
Vollendung der preußischen Rüstung, am 8. Mai zur Mobil-
machung des ersten und zweiten Armeecorps (Preußen und
Pommern), am 10. zur Einberufung eines großen Theils der