Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1866 Napoleon schlägt einen Congreß vor. 365 
wollt ihr nicht reden hören, und ich verstehe das. Über 
anderer Herren Länder kann man jedoch nicht so leicht ver- 
fügen. Goltz erwiderte, ganz sicher könne Preußen keine 
neue Erwerbung durch Abtretung deutsches Landes erkaufen; 
wenn dem Könige fünf Millionen neuer Unterthanen für die 
Abtretung von einer Million alter geboten würden, so müßte 
er ablehnen; der moralische Nachtheil wäre größer, als der 
materielle Gewinn. Ich muß, schloß der Kaiser, die Ehren- 
haftigkeit dieser Gesinnung anerkennen. Gleich nachher redete 
auch der Minister Drouyn de Lhuys den Botschafter an, be- 
sprach den Congreßgedanken, und meinte, ein einiges Auf- 
treten Frankreichs, Preußens und Italiens würde an sich 
schon ein großer Gewinn sein. Bereits am 2. Meai stellte 
dann Graf Benedetti in Berlin die amtliche Frage, wie 
Preußen einen Antrag auf Eröffnung eines Congresses zur 
Verhütung des Kriegs aufnehmen würde. 
Bismarck war nicht der Ansicht, daß der Congreß ein 
Mittel zum Frieden sei, im Gegentheil, er sah darin nur 
eine Quelle allgemeiner Verwirrung und Zwictracht in Europa: 
indessen erschien es mißlich, dem alten Lieblingsgedanken des 
Kaisers, vor seinen Parisern als Erretter des Friedens und 
Schiedsrichter des Welttheils zu erscheinen, geradezu zu wider- 
sprechen. Er erklärte also dem französischen Botschafter, daß 
Preußen gerne auf den Vorschlag des Kaisers eingehe, jedoch 
vor dem Beginne des Congresses ein festes Einvernehmen 
mit Frankreich dringend wünschen müsse. 
Die nächsten Berichte aber des Grafen Goltz ließen ein 
solches Einvernehmen weiter entfernt als jemals erscheinen. 
Er meldete unter dem 1. und 2. Mai, daß er bei einer 
Unterredung mit Drouyn de Lhuys die Nothwendigkeit einer
	        
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