1866 Frankreichs Antrag an Italien. 371
werden, welcher es ohne Bedingung weiter an Italien ab-
treten möchte. Italien würde eine bestimmte Summe Geldes
zahlen, welche Osterreich zu Festungsbauten an seiner neuen
Grenze verwenden würde.“ Napoleon bemerkte, er habe
darauf entgegnet, daß die Abtretung jedesfalls vor der Be-
setzung Schlesiens erfolgen müsse, habe aber hierüber noch
keine Antwort. Er fragte, ob es Italien möglich sei, sich
von seinem preußischen Vertrage loszusagen; Nigra erwiderte
ihm darauf, daß so eben über die Auslegung desselben zwischen
beiden Höfen eine Controverse schwebe, und daß Preußen
behaupte, bei einem Angriffe Osterreichs auf Italien zur
Hülfeleistung nicht verbunden zu sein. Da erklärte Napoleon,
das sei eine sonderbare Theorie, und hienach allerdings die
Erwägung begründet, ob Italien nicht zur Kündigung des
Vertrags das Recht habe.
An dieser Controverse war thatsächlich so viel richtig,
daß am Abend des 1. Mai Govone den Preußischen Minister
gefragt hatte, ob Preußen, wenn nach Vollendung der
italienischen Rüstung Ende Mai der Krieg in Italien aus-
bräche, bereit sein würde, gemäß dem Bundesvertrag in den-
selben einzugreifen. Bismarck hatte erwidert, Preußen werde,
so lange er Minister sei, seinen Verbündeten nicht im Stiche
lassen; doch müsse er bemerken, daß es nicht der Vertrag sei,
der ihm die Verpflichtung dazu auferlege, da dieser nur von
dem Falle einer preußischen Kriegserklärung gegen Osterreich
handle, und dann Italien zur Hülfe verpflichte. Wir wissen,
wie genau dies dem Wortlaute des Vertrags entsprach: nichts
desto weniger meldete es am 2. Mai Govone in großer Auf-
regung nach Florenz, wo es dann den General La Marmora
in doppelte Unruhe versetzte. Indeß folgte nach wenigen
24°