30 Ausweisung der Bundestruppen aus Holstein. 1864
Würde die Gleichberechtigung der deutschen Fürsten bei einem
so wichtigen Anlasse verletzt, so hieße das, die deutsche Frage
mit allen ihren Schwierigkeiten an die Stelle der schleswig-
holsteinischen setzen.
So sei die einzige Lösung die Gründung eines selb-
ständigen Bundesstaats Schleswig-Holstein.
Die zweite Depesche crörterte die Frage, wie es sich
hinsichtlich der Entscheidung über die Thronfolge mit dem
Wege Rechtens und der Competenz der Bundes-Versammlung
verhalte. Sie gelangte zu dem Ergebniß, daß der Bund eine
solche Competenz nicht besitze, daß selbst die Meinung, der
Bund könne unabhängig von der Feststellung des Erbrechts
über die Mitgliedschaft am Bunde entscheiden, grundlos sei,
daß die Erbfrage nur in dem betreffenden Bundeslande selbst,
nach den dort geltenden Verfassungs= und Familiengesetzen,
entschieden werden könne; der Bund habe nur darauf zu
sehen, daß die Entscheidung nicht gewaltsam, sondern auf
dem Rechtswege erfolge, also in Ermanglung anderer In-
stanzen, die Prätendenten zur Verständigung über den Weg
cines rechtlichen Abkommens zu veranlassen.
Jedoch könne die rechtliche Entscheidung nicht allein
maaßgebend sein. Vorbehalten bleibe stets, daß Schleswig-
Holstein nicht zerstückelt werde. Fände sich, daß keine der
Parteien Erbansprüche auf das Ganze hätte, so wäre die
empfehlenswertheste Auskunft, daß Osterreich und Preußen
dem relativ Bestberechtigten ihre eigenen, im Wiener Frieden
erworbenen Titel mit übertrügen.
Endlich die dritte Depesche untersuchte die Frage, ob
Oldenburg oder Augustenburg dieser Bestberechtigte sei. Zu-
nächst pulverisirte sie die Oldenburger Ansprüche als schlecht-