1866 Gablenz's Friedensprogramm. 379
erforderlich. Zu diesem Behuf beschloß dann Gablenz, am
10. Mai, zu weitern Erwägungen nach Berlin zurückzugehen.
Was man sonst in Berlin damals aus Osterreich ver-
nahm, gab stets geringere Aussicht auf Versöhnung. Das
Toben der Wiener Presse hielt sich auf derselben Höhe des
wüthenden Hasses; der Statthalter von Niederösterreich rief
zur Bildung von patriotischen Freischaaren auf; unter kaiser-
licher Genehmigung erließ ein Oberst Starzenski ein Manifest
an die Polen, worin er ihnen die von Osterreich erwiesenen
Wohlthaten aufzählte und gegen das polenfeindliche Preußen
die Waffen zu ergreifen mahnte. In den leitenden Kreisen
wurde vielfach ausgesprochen, daß, wenn man nach so gewal-
tigen und kostspieligen Rüstungen nicht zur Entscheidung durch
die Waffen schreite, Osterreich bankerott und ruiniert, und sein
Ansehen in Deutschland und Europa vernichtet sein würde;
die einzige Rettung sei der Krieg. So berichtete Werther
aus Wien, so redete Graf Blome in München zum Prinzen
Reuß, so deutete es Lord Clarendon in London dem Grafen
Bernstoff an. Sollte unter solchen Umständen Preußen
die Unterhandlung Gablenz's fortsetzen? Andrerseits wieder-
holte der russische Kaiser mit gesteigerter Wärme seine Auf-
forderungen zu Abrüstung und Frieden, sowohl in Wien als
in Berlin, und die Nachrichten über die napoleonische Politik
waren keineswegs dazu angethan, Prcußen zu raschem Vor-
gehen auf kriegerischen Bahnen anzuspornen. So entschloß
sich Bismarck auf's Neue, zwar mit höchster Behutsamkeit zu
verfahren, immer aber das letzte Friedensmittel noch nicht
von der Hand zu weisen. Vom 13. bis zum 20. Mai er-
wog er mit Gablenz die nähere Formulirung der von dem-
selben gemachten Vorschläge. Nach mehrfacher Durchsicht