Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

404 Osterreich und Frankreich. 1866 
seinen Hof über diese günstigen Stimmungen unzögerlich 
unterrichtet hat. 
Unter solchen Umständen kam am 28. Mai die officielle 
Einladung zum Congresse in Mensdorff's Hand, und die 
Antwort war nicht eine Stunde zweifelhaft. OÖsterreich nahm 
allerdings die Einladung an, jedoch unter zwei Bedingungen, 
von welchen die eine, der Antrag auf Zuziehung des Papstes 
zu dem Congresse, von den Neutralen bereits beseitigt war, 
die andere aber die Eigenschaft hatte, dem Congresse jeden 
Gegenstand zu entziehen, die Forderung nämlich, daß auf 
demselben von keinem Gebietszuwachs für eine der streitenden 
Mächte die Rede sein dürfe. In einem Rundschreiben vom 
1. Juni erläuterte Graf Mensdorff diese verdeckte Ablehnung 
dahin, daß die Einladung trotz der rücksichtsvollen Form doch 
das Begehren der Abtretung Venctiens ankündige, Osterreich 
aber dasselbe in diesem Augenblicke entschieden zurückweisen 
müsse. Osterreichs Ehre erlaube es nicht, auf einen wich- 
tigen und rechtmäßigen Besitz in friedlicher Weise zu ver- 
zichten. Man habe von einem Ländertausche gesprochen, 
allein wo sei eine ausreichende Entschädigung zu finden? 
Offenbar sei die Zeit zur Zertrümmerung der Türkei noch 
nicht gekommen. Man habe zwar andentungsweise auf 
Schlesien als Entschädigung hingewiesen: allein Osterreich 
ziehe vor, daß ein Jeder das Seine behalte. Dann aber 
folgte ein inhaltschwerer, positiver Satz. „Wenn der Krieg 
wirklich ausbräche, wenn glänzende militärische Erfolge Oster= 
reichs Macht erhöhten, dann freilich wäre die Annahme nicht 
auszuschließen, daß wir auf eine Provinz Verzicht leisteten, 
um uns den Besitz einer andern zu sichern.“ Im Ubrigen 
habe man gegen eine Discussion der italienischen Angelegen-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.