Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1866 Napoleon schweigt darüber. 415 
Worten hätte der Gegensatz klar und schroff hervortreten 
müssen, und man hätte Gefahr gelaufen, daß Preußen dann, 
den Bruch mit Frankreich vor Augen, sich mit Osterreich um 
jeden Preis verständigt hätte. Dann wäre von der Ab— 
tretung weder des Rheinlandes noch Venetiens weiter die Rede 
gewesen, wohl aber hätten die vereinten Heere Deutschlands 
und Osterreichs sich über die Grenzen Frankreichs und Italiens 
ergießen mögen. 
Nein, um keinen Preis durfte man bei der preußischen 
Regierung den Muth zum österreichischen Kriege ersticken. 
Daß sie in demselben Niederlagen erleiden und dann um 
Hülfe flehend die Forderungen Frankreichs erfüllen würde, 
schien aller Welt in Paris unzweifelhaft. Graf Benedetti 
hatte aus Berlin dieselbe Ansicht einberichtet. „Wir hatten 
hier, erzählte später Baron André, keine Ahnung von dem 
Umfang der preußischen Rüstungen; Graf Clermont-Tonnerre 
(der französische Militärbevollmächtigte in Berlin), hatte uns 
über die preußische Armee völlig im Unklaren gelassen; die 
einzige Besorgniß, welche wir hatten, war die, daß Preußen 
zu sehr geschlagen und völlig zermalmt würde; dies hätten 
wir durch unsere Dazwischenkunft verhindert. Der Kaiser 
wollte Preußen einige Schlachten verlieren lassen, dann aber 
interveniren, und Deutschland nach seiner Phantasie einrichten." 
Es blieb also dabei, daß Napoleon Preußen seine wohl- 
wollende Neutralität in Aussicht stellte, im Ubrigen aber seine 
Münsche in tiefes Schweigen verhüllte. Um so mehr wirkte er 
dahin, ihm den Beistand Italiens zu entziehen, und dadurch 
Preußens Unterliegen im Kampfe um so sicherer heibeizuführen. 
Daß bei diesen Umtrieben das Florentiner Cabinet von 
den Verhandlungen Gramont's nur eine sehr unvollständige
	        
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