424 Die Kriegserklärung. 1866
daß derselbe von jeder sachlichen Entscheidung sich erst über
den Rechtstitel und den Umfang seiner Competenz auszu-
weisen habe.
An demselben Tage, an welchem der Bundestag diese
preußische Protestnote erhielt, sandte Graf Mensdorff einen
Erlaß nach Berlin, worin er gegen Bismarck's Depesche vom
3. Juni seinerseits Verwahrung einlegte, und die österreichische
Auffassung der Lage entwickelte. Gegen Bismarck's Er-
klärung, daß Osterreich durch den Antrag vom 1. Juni die
mit Preußen geschlossenen Verträge von 1864 und 1865 ge-
brochen habe, stellte er zunächst den Satz auf, „daß diese
Vereinbarungen die Rechte des deutschen Bundes nicht alte-
riren konnten, noch sollten“" — wo denn freilich die Be-
hauptung richtiger gewesen wäre, daß die Verträge gerade
den Zweck gehabt hatten, die unberechtigten Ansprüche des
Bundes zurückzuweisen. Ferner erörterte Mensdorff, daß die
preußische Regierung ihrerseits die Verträge seit langer Zeit
vielfach gebrochen habe. Ohne Zustimmung Österreichs habe
sie auf das Gutachten ihrer Kronjuristen die Souveränitäts-
frage für gelöst erklärt und Strafgesetze gegen die Anhänger
jeder anderen Meinung erlassen!); ebenso habe sie ohne einen
Vorbehalt der Zustimmung Osterreichs sich bereit erklärt, die
Frage bald einem deutschen Parlamente ), bald einem euro-
päischen Congresse ) zu überweisen. Aus der preußischen
1) Die Verordnung vom 11. März hatte keinen anderen Zweck,
als in Schleswig Umtriebe gegen den Rechtsstand des Gasteiner Ver-
trags zu hindern.
2) Gerade dem Wiener Cabinette hatte Preußen diesen Vorschlag
am 7. Mai gemacht.
3) Der nichts entscheiden, sondern nur eine Meinung aussprechen
sollte und wollte.