Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1866 Neue Anklagen Österreichs gegen Preußen. 425 
Erklärung vom 26. Januar, daß Preußen bei fernerem ver- 
tragswidrigem Verhalten Osterreichs für seine Politik volle 
Frciheit gewinnen müsse, wurde sodann gefolgert, daß es 
hiemit auch Osterreich volle Freiheit gegeben und von der 
Beobachtung jener Verträge entbunden habe. Schließlich 
wurde das Einrücken preußischer Truppen in Holstein, da 
die Gasteiner Ubereinkunft bis zur Entscheidung des Bundes 
fortbestehe, als ein Act der Selbsthülfe und als Verletzung 
der Bundes= und der Wiener Schlußacte bezeichnet. 
Der Federkrieg hätte auf solche Art noch lange hin und 
her gehen können, ohne ein anderes Ergebniß, als welches 
jetzt schon sonnenhell zu Tage lag, daß Österreich durch die 
mannigfachen Schwankungen seiner Politik in den letzten drei 
Jahren es zu Stande gebracht hatte, dem auf allen Punkten 
vorwärts drängenden Rivalen gegenüber sich formell nach 
jeder Seite in's Unrecht zu setzen. Und dieser Widersacher 
war nicht gesonnen, ihm noch einen Augenblick zu ruhigem 
Besinnen zu lassen. Noch ehe er Mensdorff's letzte Depesche 
empfangen, sandte er am 10. Juni allen deutschen Regie- 
rungen seinen Entwurf der künftigen Bundesverfassung zu, 
mit folgenden Hauptsätzen: Ausschluß Osterreichs, Schöpfung 
einer Bundesmarine, Theilung des militärischen Oberbefehls, 
im Norden für Preußen, im Süden für Bayern, ein Parla- 
ment aus Volkswahlen nach allgemeinem Stimmrecht, ganz 
mit der oben bereits mitgetheilten, fest begrenzten Competenz, 
schließlich künftige Regelung des Verhältnisses zu Deutsch- 
Osterreich durch besondern Vertrag. Er bemerkte dazu in 
seinem Rundschreiben, daß der schleppende Gang der Ver- 
handlung im Frankfurter Ausschusse dort eine rechtzeitige 
Erledigung des Antrags kaum noch hoffen lasse: Preußen
	        
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