7866 Osterreich beantragt die Mobilmachung des Bundesheeres. 433
in der Nacht des 11. seine Brigade über den Strom nach
Harburg hinüber, und eilte mit ihr auf den hannoverschen,
hessischen und bayerischen Bahnen zum Hauptheere nach
Böhmen. Manteuffel behielt Recht; in den Herzogthümern
waltete Scheel-Plessen so ungestört, als wäre er seit seiner
Geburt der angestammte Landesfürst gewesen.
In Wien hatte man nicht viel Anderes erwartet, freute sich,
jetzt einen, wie man meinte, tadellosen Grund zum Losbruch
zu haben, und brachte gleich am 11. Juni den einst am
16. März verunglückten Plan zur Vollziehung. Osterreich
erklärte der Bundesversammlung, daß Preußen durch die Be-
setzung Holsteins den Gasteiner Vertrag, durch die Ergreifung
der Regierungsgewalt daselbst den Wiener Frieden gebrochen,
also zum Schutze vermeintlich verletzter Rechte den Weg der
Selbsthülfe betreten habe. Es liege hienach der im Artikel XIX
der Wiener Schlußacte vorgesehene Fall vor, und die Bundes-
versammlung sei berufen, der unternommenen Selbsthülfe Ein-
halt zu thun. Nach diesen Vorgängen und Preußens drohen-
den Rüstungen beantrage also Osterreich die Mobilmachung
des ganzen Bundesheeres mit Ausnahme der dazu zählenden
preußischen Corps, die Aufstellung der Ersatzcontingente, und
die Ernennung eines Bundesfeldherrn, der Corpscomman=
danten und ihrer Stäbe.
Es war nicht schwer, die rechtliche Unstatthaftigkeit
eines solchen Antrags darzuthun.
Der Bund sollte gegen Preußen waffnen, weil dieses
die Verträge von Wien und Gastein gebrochen hätte. Allein
diese Verträge waren von Osterreich und Preußen als euro-
päische Großmächte, und nicht bloß ohne jede Mitwirkung
des Bundes, sondern im offenen Gegensatz zu dessen In-
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. IV.