434 Die Kriegserklärung. 1866
tentionen geschlossen worden. Eine Verletzung derselben konnte
also nimmermehr als eine Bundesangelegenheit betrachtet
werden, und in diesem Sinne telegraphirte auch der wahrlich
nicht preußenfreundliche Baron Beust auf die erste Nachricht
von dem beabsichtigten Antrag mit dringendem Abrathen nach
Wien. War doch der Kaiser von Osterreich bisher für Hol-
stein so wenig wie für Ungarn als Bundesfürst anerkannt
worden; mit einer über Holstein ihm erwachsenden Streitig-
keit hatte der Bund höchstens insofern zu schaffen, daß er
dieses Bundesland vor Kriegsschaden zu bewahren suchte;
dergleichen aber war nach Gablenz's Abzug dort nicht mehr
zu besorgen. In die jetzt zwischen Preußen und Osterreich
schwebende Streitfrage einzugreifen, ob die Verwaltung von
Schleswig-Holstein getheilt oder gemeinschaftlich zu führen
sei, fehlte dem Bunde mithin jeder Rechtstitel. Dies wurde
nicht bloß von Preußen behauptet.
Indessen, auch angenommen einmal, es habe hier ein
Fall bundesrechtliches Einschreitens gegen Selbsthülfe vorge-
legen, immer blieb Osterreichs Antrag in schneidendem Wider-
spruche gegen die dann Platz greifenden Bestimmungen der
Bundesgesetze. Gewiß, der Artikel XIX der Wiener Schluß-
acte verfügte, der Selbsthülfe Einhalt zu thun. Aber der
Artikel XVIII sagte sehr deutlich, daß bei Bedrohung des
innern Friedens die Bundesversammlung nach Anleitung der
in den folgenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen Be-
schlüsse fassen würde: und so bestimmte Artikel XIX für
einen solchen Fall, der Bund sollte vor Allem durch vor-
läufige Maaßregeln für die Aufrechthaltung des Besitzstandes
Sorge tragen, und wo dieser streitig geworden, ein gericht-
liches Verfahren zur Feststellung des jüngsten Besitzstandes