1864 sterreich droht mit dem Bruche der Allianz. 51
einer raschen Entscheidung vorhanden sei. Denn so viel und
vielerlei auch schon über die Frage gedruckt worden war, so
hatte doch selbstverständlich das Kronsyndicat die Pflicht, sich
über jeden der dreißig bis vierzig Controverspunkte aus den
Quellen und Urkunden ein eigenes Urtheil zu bilden, eine
Aufgabe, zu deren Lösung mindestens mehrere Monate, und
wenn man anders wollte, auch einige Jahre mit gutem Grunde
erfordert werden konnten.
So war die Verstimmung groß, mit welcher in Wien
diese Nachrichten aufgenommen wurden. Preußen beurtheilt
uns falsch, klagte Mensdorff seinem Freunde Werther; glaubt
doch nicht, daß wir Euch eine Vergrößerung mißgönnten,
nur müssen wir dann für uns ein Äquivalent begehren; das
ist bei dem Stande unserer öffentlichen Meinung unerläßlich.
Wahrhaftig, fuhr er fort, wir schwärmen durchaus nicht für
diese Augustenburger, welche ihr Fürstenwort von 1852 ge-
brochen haben: aber was wollen Sie? die Politik verbietet
uns. sie fallen zu lassen. Und vor Allem, Osterreich bedarf
den Frieden, den dauernden Frieden, diese schreckliche Herzog-
thümerfrage aber schließt die Keime unabsehbarer Verwicklungen
in sich; so fordert es unsere dringende Pflicht, unablässig
den schnellsten Abschluß derselben zu betreiben. Er ließ dem-
nach auf der Stelle eine ausführliche Antwort auf die preußi-
schen Depeschen ausarbeiten, welche am 21. December von
Wien abging, wieder in Biegeleben's hochmüthigem Tone redi-
girt war, neue Argumente nicht enthielt, um so schneidender
aber auf den bevorstehenden Bruch der Allianz hinwies, wenn
Preußen nicht auf das österreichische Programm eingehe.
Bismarck hatte nicht den Wunsch, eine solche Krisis zu
beschleunigen; er beschloß also für jetzt, die Erörterung mit
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