54 Die preußischen Februar-Forderungen. 1865
Augustenburg's als des einzig legitimen Erben, zu voller
Souveränität; diesem selbständigen Bundesfürsten und dessen
Landtag möge dann Preußen seine Wünsche zur Entscheidung
vorlegen. Ungefähr derselben Meinung war in überwiegendem
Maaße die Bevölkerung in Süddeutschland, am entschiedensten
die fortgeschrittenen Liberalen in Schwaben und die von
Preußenhaß erfüllten Ultramontanen in Bayern. Was die
dortigen Regierungen betraf, so neigte Varnbüler in Stutt-
gart persönlich zu Preußen hinüber, durfte aber bei der Auf-
regung des Landes keinen Schritt in diesem Sinne wagen.
Pfordten war durch sein juristisches Gewissen an Augusten-
burg, und durch Bayerns Particular-Interesse an das Bundes-
recht gebunden, erklärte aber dem preußischen Gesandten (setzt
Prinzen Heinrich VII. Reuß) fort und fort, daß auch auf
diesem Boden sich große Vortheile für Preußen herausschlagen
ließen, und daß er Alles aufbieten würde, hier für das
preußische Interesse zu wirken. Er war bei diesen Ver-
sicherungen ganz aufrichtig; wenn Preußen die Augusten-
burger Thronfolge annahm, wünschte er in der That lieber
Freund als Gegner Preußens zu sein, legte aber in seiner
lebhaften und sanguinischen Weise auf die entgegenstehende
Gesinnung seines Königs und der Volksvertretung zu ge-
ringes Gewicht, so daß er bei Bismarck lange Zeit hindurch
die irrige Vorstellung erweckte, Bayern wenigstens in ver-
schiedenen Punkten auf die preußische Seite ziehen zu können.
Wieder anders lagen die Dinge in Baden. Die meisten der
dortigen Minister hätten nach ihrer Herzensmeinung die
preußische Annexion der Herzogthümer für das Beste gehalten;
das badische Volk aber schwärmte für die Selbstbestimmung
Schleswig-Holsteins und folglich für Augustenburg, und der