1865 Gespräch Bismark's mit Karolyi. 61
Status quo. Nur die Mittelstaaten sind unzufrieden, und
möchten sich einmischen, so lange sie auf Osterreichs Beistand
hoffen.
Nein, nein, wiederholte Karolyi. Die offene Frage
bringt Gefahr, und Osterreich bedarf des gesicherten Friedens.
Die übereilte Entscheidung, entgegnete Bismarck, birgt
größere Gefahr. Erfreut Euch doch der Vortheile, welche
der gemeinsame Besitz auch für Osterreich hat.
Wir können das nicht, schloß Karolyi. Unsere Position
zu der Lösung der Frage ist genommen, die Fortdauer aber des
Status duo wäre gleichbedeutend mit der Annexion. Hoffent-
lich erscheinen Preußens Bedingungen bis Mitte Februar;
sonst würde Bayern vorgehen, und Osterreich müßte sich
aussprechen. Wir würden es in möglichst freundlicher Form
gegen Preußen thun, aber die Divergenz wäre nicht mehr zu
verdecken. Also bringt Euere Bedingungen so bald wie irgend
möglich, damit solch ein Fall nicht eintrete.
So endigte dieses Gesprächt). Noch war die Trennung
der beiden Mächte nicht vollzogen, aber es steht übel um
die Freundschaft, wenn die Freunde sich gegenseitig mit so
runder Aufrichtigkeit die Trennungsfälle anzeigen. Hier war
dies nun so klar wie möglich geschehen durch Karolyi's Er-
klärung: wenn Preußen nicht im Februar annehmbare Vor-
schläge macht, so tritt Osterreich zu den Mittelstaaten und
der Bundesmehrheit über — und durch Bismarck's Antwort:
wenn Österreich sich einem uns feindseligen Bundesbeschlusse
zugesellt, so ist der Conflict vorhanden.
1) Nach Bismarck's sofort niedergeschriebener Aufzeichnung. Sie
wurde Werther zugeschickt, und dieser meldete, daß Karolyi's Bericht,
den er gelesen, damit übereinstimme.