84 Die Zustände in Schleswig-Holstein. 1865
geblieben. Von den deutschen Truppen hatte seit März bis
October 1864 ein großer Theil in Jütland auf Feindes
Kosten gelebt; für die übrigen hatte zwar Schleswig die
Naturalverpflegung aufzubringen gehabt, dafür aber Scheine
im Betrage von rund 700000 Thalern erhalten, an deren
baldiger Einlösung nirgendwo ein Zweifel bestand. So hatten
sich in den Cassen der Herzogthümer recht ansehnliche Über—
schüsse gesammelt, von welchen allerdings seit dem October
die Feldzulagen der deutschen Truppen bestritten werden
mußten, immer aber noch mehr als 700000 Thaler in der
Hamburger Bank zinsbar angelegt waren. Unter diesen Um-
ständen also dachten sehr wenige Menschen in den Herzog—
thümern an eine bevorstehende Finanzklemme, und wo etwa
ein solcher Gedanke auftauchte, wurde er schnell durch das
muthige Wort beseitigt, daß Schleswig-Holstein bereit sei,
nicht bloß sein Blut, sondern auch sein Gut für seine Freiheit
einzusetzen.
Es stand nun, was diese Opferwilligkeit betraf, damals
in den Herzogthümern ebenso, wie es bei allen Nationen
durchgängig der Fall ist. Eine große Masse des Volkes war
politisch inactiv; auf obrigkeitlichen Befehl würde auch sie
ohne Widerstreben Recruten liefern und Steuern zahlen; aber
ihre eigene Herzenssorge gehörte doch ausschließlich ihrer
Familie, ihrem Acker, ihren Heerden. Sollte eine politische
Demonstration vorgenommen oder eine patriotische Resolution
gefaßt werden, so erschien sie auf das Betreiben ihrer Ver-
trauensmänner; dergleichen war indessen seit einem Jahre so
vielfach geschehen, daß in weiten Kreisen der Wunsch herrschte,
mit solcher Unruhe nicht weiter mehr behelligt zu werden.
Auf Leute solcher Art hätte denn auch die Frage über künftige