1865 Politischer Charakter der Opposition. 89
haben, und warfen sich mit patriotischem Eifer in die Agi—
tation für Herzog Friedrich und in den Widerstand gegen
Bismarck's sogenanntes Junkerregiment. Die liberale Partei
in ganz Deutschland rief ihnen Beifall zu, ohne zu ahnen,
für welche Bestrebungen sie sich begeisterte. Denn die bevor-
stehenden Folgen der Annexion, welche die Anhänger Augusten-
burg's zu so lebhaftem Auftreten veranlaßten, die Einführung
der Gewerbefreiheit und weiterer Handelsconcurrenz, die gleich-
mäßige und gerechte Vertheilung der Steuer= und Militärlast,
die sorgfältigere Ausbildung der Beamten, die Verminderung
ihrer Zahl und ihrer Sporteln bei schärfer gespannter Leistung:
das Alles gehörte sonst überall gerade zum Programm der
liberalen Partei, und der bestehende Zustand, welchen die
Freunde Augustenburg's für Schleswig-Holstein zu erretten
strebten, war ein Conglomerat von Sonderrechten, die auf
Kosten des gemeinen Wohls sich durch die Jahrhunderte fort-
geschleppt hatten. In Deutschland begnügte man sich mit
der Wahrnehmung, daß der Großgrundbesitz der Herzog-
thümer für die Annexion, und das städtische Bürgerthum
gegen dieselbe auftrat, um auch in dieser Frage Bismarck als
den Vorkämpfer der feudalen Tendenzen zu verrufen: in
Wahrheit bedeutete die von ihm erstrebte Annexion die Be-
seitigung der feudalen Privilegien durch den liberalen Staat,
und nicht Bismarck, sondern das holsteinische Bürgerthum
kämpfte für ein feudales Gemeinwesen.
Wir haben früher bemerkt, wie unter dem Schutze der
Bundesexecution der Erbprinz von Augustenburg, getragen
durch all jene populären Stimmungen, thatsächlich von Hol-
stein Besitz ergriffen hatte. Die neue Landesregierung und
all ihre Behörden ohne Ausnahme waren mit Anhängern