90 Die Zustände in Schleswig-Holstein. 1865
des Prinzen besetzt; die befreite Zeitungspresse, wenn auch
damals stets zur Vorsicht angehalten, wirkte fort und fort
in gleichem Sinne; über hundert Vereine derselben Farbe
sammelten alle rührigen Köpfe in ihre Schaaren, hielten
straffe Parteidisciplin und bedrohten jede abweichende Meinung
mit socialer Acht. Unterdessen wurde während des Kriegs
das Herzogthum Schleswig durch die Civilcommissare der
beiden Großmächte mit unbeschränkter Vollmacht des Kriegs-
stands regiert; thatsächlich war es der Preuße Zedlitz allein,
der, zu großer Erleichterung der österreichischen Collegen,
zuerst Revertera, dann Lederer, die Last dieser Verwaltung auf
sich nahm. Als dann nach dem Abschluß der Bundesexecution
auch Holstein unter die Botmäßigkeit der Großmächte trat,
verstand es sich sogleich von selbst, daß beide Herzogthümer
eine gemeinsame Verwaltung unter der Leitung eines preußi-
schen und eines österreichischen Commissars als höchster Civil-
behörde haben würden. Preußen ließ den bewährten Zedlitz
an dieser Stelle; in Wien aber erklärte man, daß Herr
von Lederer dazu nicht vornehm genug sei, und ernannte statt
seiner den Baron Halbhuber, frühern Statthalter von Nieder-
österreich, einen stolzen Herrn von gebieterischem Auftreten,
welcher bereits als Civilcommissar in Jütland sich der preußi-
schen Generalität nicht eben fügsam erwiesen hatte. Da jetzt
allgemeiner Friede herrschte, schien es natürlich, nicht die für
den Kriegsstand berechneten Verwaltungsformen Schleswigs
auf Holstein, sondern umgekehrt die nach Friedensschluß ge-
stalteten Einrichtungen Holsteins auf Schleswig zu über-
tragen. Es wurde also die holsteiner Landesregierung nur
durch einige Mitglieder verstärkt und dann als die Central-
Verwaltung für beide Herzogthümer eingesetzt. Auch ihre