Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

340 Erlöschen des preußischen Verfassungsstreits. 
geschrieben, um Waffenruhe gebeten, und seine Vermittlung 
zwischen Preußen und den Südstaaten angeboten. In Be- 
kräftigung dieses Sinnes entließ er zwei Tage später seinen 
stets noch gegen den Frieden wühlenden Minister Edelsheim, 
bildete sich einen Ministerrath von entschieden preußischer 
Farbe und meldete in Augsburg seinen Austritt aus dem 
Bunde an; auch war er der Erste, welcher seine Truppen 
aus dem Verbande des achten Bundescorps zurück und in die 
Heimath berief. König Wilhelm kam ihm, wie man sich denken 
kann, mit wohlwollendem Herzen entgegen. Anders war seine 
Stimmung gegen den alten Herzog Bernhard von Meiningen, 
der früher einer der zähesten Gegner Preußens gewesen, dann 
aber am 22. Juli um seine Aufnahme in den norddeutschen 
Bund eingekommen war. Die Antwort lautete am 29. dahin, 
daß die Aufnahme sofort erfolgen könne, wenn der Herzog 
zu Gunsten seines Sohnes abdanken wolle: andersfalls 
möge er mit Preußen in derselben Weise wie die süddeutschen 
Staaten unterhandeln, und zu diesem Zwecke einen Bevoll- 
mächtigten nach Berlin senden. König Georg von Hannover 
hatte nach kurzem Verweilen in Thüringen, trotz dringender Vor- 
stellungen besonnener Rathgeber, seinen Aufenthalt in Hietzing 
bei Wien genommen, anfangs mit Freuden begrüßt, jetzt der 
österreichischen Regierung eine Last, so daß er eine Unter- 
handlung mit Preußen zu eröffnen beschloß. Am 28. Juli 
meldete sich einer seiner Adjutanten in Nikolsburg als Über- 
bringer eines Briefes seines Fürsten an König Wilhelm an. 
Allein er erhielt die kurze Antwort, daß Se. Majestät nicht 
in der Lage sei, das Schreiben entgegen zu nehmen. Ferner 
in Stuttgart hatte die Königin Olga, im Vertrauen auf ihren 
Bruder, den Zaren, der Einleitung einer Friedensverhandlung
	        
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