Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Blsmarck Vertheidigung des Gesehes. 439 
und zur Vervollständigung der deutschen Einheit benutzt 
habe, führte er aus: es ist das günstigste Feld der Oppo- 
sition jeder Zeit gewesen, stets das als ein nothwendiges Be- 
dürfniß hinzustellen, was für den Augenblick nicht erreichbar 
war, und der Regierung die Schuld aufzubürden, daß das 
nicht erreichbar war: ich darf Ihnen aber vorhalten, idaß 
wir vielleicht etwas noch Besseres erreicht hätten, wenn Sie 
die Politik, deren Ergebnisse Sie jetzt tadeln, unterstützt 
hätten; daß wir, da uns Ihre Unterstützung fehlte, und wir 
mit gebundenen Händen in den Kampf gingen, dennoch 
diese Resultate haben gewinnen können, berechtigt meines 
Erachtens nicht diejenigen zur Kritik, die uns gehindert 
haben, mehr zu erreichen. Mit gutem Grunde erklärte er, 
eine besser unterrichtete Zeit werde einst der Regierung das 
Zeugniß nicht versagen, daß die Benutzung des Sieges eine 
ziemlich kühne gewesen; je wichtiger aber und größer die 
Errungenschaft sei, desto weniger dürfe man sich zu einer 
Ausbeutung des Sieges entschließen, die nicht mehr den 
Charakter des Muthes, sondern der Wagehalsigkeit haben 
würde. Endlich setzte er der Befürchtung, daß Differenzen 
zwischen den beiden Volksvertretungen, dem Parlamente und 
dem preußischen Landtage, dem Ansehen des letzteren zum 
Schaden und absolutistischen Tendenzen zur Stärkung ge- 
reichen könnten, die einfache Bemerkung entgegen, daß Preußen 
in das Parlament beinahe 250, alle andern Bundesstaaten 
kaum 50 Mitglieder entsenden würden; die jedesmal vor- 
handene Strömung der öffentlichen Meinung mache sich bei 
jedem Wahlsystem in entscheidender Weise fühlbar; in beiden 
Versammlungen werde also stets die gleiche Mojorität preu- 
Khischer Abgeordueten zu finden, und damit jede Sorge über
	        
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