Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

224 Die neuen Zollvereinsverträge. 1867 
Hohenlohe suchte vergeblich in einer Conferenz zu 
Nördlingen am 30. Mai den Stuttgarter Collegen auf den 
Wegen des bayerischen Staatenbundes festzuhalten. Varnbüler 
fand durch die Kündigung des Zollvereins die Lage gründlich 
verändert und eine Verständigung mit Preußen unerläßlich. 
Allerdings stand nun der am 3. Juni vorgelegte preußische 
Entwurf im schroffsten Gegensatz zu Hohenlohe's soeben 
gescheitertem Vorschlag. Er begehrte die Ausmerzung des 
liberum veto aus der Gesetzgebung über Zoll= und Handels- 
sachen und über die Besteuerung von Zucker, Salz und 
Tabak. Die gesetzgebende Gewalt würde ausgeübt durch 
den erweiterten Bundesrath, in dem jede Regierung so viele 
Stimmen zu führen hätte, wie einst im Plenum des alten 
Bundestags, ferner durch den norddeutschen Reichstag, verstärkt 
durch süddeutsche Abgeordnete, entsprechend den Regeln des 
im Nordbunde bestehenden Wahlgesetzes und im Besitz aller 
parlamentarischen Privilegien des Nordbundes. Für jeden 
Beschluß sei die übereinstimmende Mehrheit der beiden Factoren 
erforderlich und ausreichend. Das Präsidium führe die Krone 
Preußen, mit der Befugniß, Handels= und Schifffahrts- 
verträge vorzubereiten, die Ausführung der Gesetze zu über- 
wachen und die Anderung einer bestehenden Einrichtung zu 
verhindern. Die sonstigen speciellen Sätze des Entwurfs 
können hier um so mehr übergangen werden, als sie großes 
Theils nur Wiederholung der alten Verträge waren. 
Damit also war neben den Schutz= und Trutzverträgen 
eine weitere nationale Verbindung zwischen dem Norden und 
und dem Süden, wie sie der Prager Friede vorgesehn hatte, 
beantragt. Der Zollverein, der eine Nothwendigkeit für 
beide Theile geworden war, galt jetzt, wenn er von dem
	        
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