26 Vorbereitung des Reichstags. 1866
der Pflege derjenigen Interessen, welche nur in größern
nationalen Kreisen ihre legislative Förderung finden können.“
„Die preußische Regierung,“ fuhr er fort, „hat sich in dem vor-
liegenden Entwurfe auf die Berücksichtigung der allseitig an-
erkannten Bedürfnisse beschränkt, ohne über dieselben hinaus
die Bundesgewalt in die Autonomie der einzelnen Staaten
eingreifen zu lassen. Nichts destoweniger verkennt sie nicht,
daß die Durchführung der hier unerläßlichen Underungen
gewohnter Zustände den einzelnen Regierungen schwierige Auf-
gaben stellt, und daß die Opfer für die Herstellung allseitig
gleicher Rechte und Pflichten von den bisher leichter Belasteten
schwer werden empfunden werden. Sie zweifelt aber nicht,
daß der einmüthige Wille ihrer Verbündeten, getragen von
dem Verlangen des deutschen Volks, seine Sicherheit, seine
Wohlfahrt, seine Machtstellung unter den europäischen Nationen
dauernd verbürgt zu sehen, alle Hindernisse überwinden werde.“
Auf solche Mittheilungen und Mahnungen waren die
Hörer gefaßt gewesen. Aber als sie dann den Verfassungs-
entwurf lasen und wieder lasen, war doch die Überraschung
groß. In ihrem Bundesvertrag vom 18. August war ihnen
in Aussicht gestellt „eine Verfassung auf der Basis der
Grundzüge vom 10. Juni“. Nun, auf dieser Basis war
der Entwurf allerdings aufgebaut: sie aber hatten bisher
völlig andere Vorstellungen von dem zu errichtenden Bau-
werk gehabt, so zu sagen einen hinreichenden Um= und Aus-
bau des niedrigen Frankfurter Bundespalastes; und statt dessen
sahn sie jetzt eine in überraschender Weise aufgethürmte
Pyramide mit hoher und starker Spitze vor sich. Wohl er-
schien auch hier der Bundestag, oder nach seinem neuen
Namen der Bundesrath, als der vornehmste Träger der