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Abspannung litt), war es schon für die höchsten Würden-
träger, ja für gekrönte Häupter unter Umständen recht
schwierig, an den Fürsten persönlich heran zukommen, so
galt dies natürlich noch viel mehr für Künstler und Ge-
lehrte, die irgend ein Interesse hatten, ihn zu sehen oder
zu sprechen. Photographirt zu werden, war ihm ein
Greuel, besonders wenn er dabei längere Zeit ruhig sitzen
sollte. Den Malern gegenüber aber verhielt er sich voll-
ständig ablehnend.
Lenbach hatte von dem Kaiser den Auftrag erhalten,
den Fürsten Bismarck für die Nationalgallerie zu malen.
(Viele von Ihnen werden das wundervolle Bild dort ge-
sehen haben.) Er war in Friedrichsruh gewesen und hatte
am Frühstücks= und Mittagstisch Gelegenheit gehabt, die
Gesichtszüge des Fürsten zu studiren, hatte vielleicht auch
einige flüchtige Skizzen anfertigen können; aber ihm für
das eigentliche Bild zu sitzen, hatte sich der Fürst bestimmt
geweigert. So war er genöthigt gewesen, das Bild ohne
Modell, gewissermaßen aus dem Gedächtniß zu malen.
Er brachte es, unbefriedigt von seiner Leistung, in das
Reichskanzlerpalais. Das Bild war ähnlich, es war ja
ein Lenbach, aber dennoch, das sagte Jeder, fehlte etwas:
das Sprechende, Packende des Ausdrucks, namentlich der
Augen. Niemand empfand das mehr, als Lenbach selbst.
Er klagte mir seine Noth, und ich versprach, ihm zu helfen.
Ich ließ in dem Saale, der die Arbeitsräume des Kanzlers
von den Bureaus der Reichskanzlei trennt, die Staffelei
mit dem Lenbach'schen Bilde aufstellen und rechts und
links davon besondere Wandlampen anbringen. Während
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