Full text: Tirpitz, Erinnerungen. Volksausgabe.

Viertes Kapitel 
Der Unterseeboots-Krieg 
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Je mehr England nach den Vorgängen der ersten Kriegswochen seine 
Seestreitkräfte zurückhielt, um uns die Gelegenheit zur schnellen mili- 
tärischen Entscheidung zu entziehen und mit allen Mitteln wirtschaftlich 
zu erdrosseln, um so mehr erwuchs unserer Marine die Notwendigkeit, 
den Gegner mit gleichen Waffen zu bedrängen. Das wirksamste Kampf- 
mittel, das wir gegen den englischen Handel besaßen, war das Untersee- 
boot. Bei seiner Verwendung gegen den feindlichen Frachtraum war 
von vornherein klar, daß die bisherigen Seerechtsbestimmungen, die 
im wesentlichen aus der alten Seglerzeit stammten, nicht genau für 
die neuen Verhältnisse paßten. Am ehesten konnten die Regeln der 
alten Blockade zur Anwendung gebracht werden. Im amerikanischen 
Sezessionskriege waren die Blockadebrecher von den Schiffen der Nord- 
staaten auch einfach niedergeschossen worden, freilich mit Kanonen, weil 
man Torpedos damals noch nicht hatte. Ebenso wie die Engländer von 
ihrer Kriegsgebietserklärung sagten, sie wäre „in effect a blockade 
adapted to the conditions of modern warfare and commerce“ (tatsäch- 
lich eine den Bedingungen des modernen Krieges und Handels angepaßte 
Blockade), konnten auch wir für eine Uboots-Blockade ohne Zweifel ein 
formales Recht in Anspruch nehmen. Allerdings mußte in der Auf- 
nahme seitens der Neutralen mit einem Unterschied zwischen Hand- 
lungen Englands und solchen Deutschlands gerechnet werden. Infolge 
der Seemacht, Überlieferung und diplomatischen Geschicklichkeit der eng- 
lischen Machthaber wird von den Neutralen nahezu alles hingenommen, 
was England auf See tut; wenn Deutschland aber entsprechend vor- 
ging, mußte mit ganz anderem Widerstande der nicht kriegführenden 
Staaten gerechnet werden. Bei einem Krieg mit England waren wir
	        
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