18 Aufstieg
sich selbst gestellt. Das gleichmäßige „Bimsen“ der Armeeausbildung
fehlte dem Dienstbetrieb der Segelzeit.
Als wir im Winter 1870 im Wilhelmshavener Bassin lagen und
die Takelage herunter war, wurden wir bis zur Erschlaffung gedrillt.
Unter dem General Stosch nahm dann die soldatische Richtung einen
wohl zu schroffen Aufstieg. Manche älteren Offiziere murrten: da wäre
noch ein Fleckchen in Preußen gewesen, auf dem es sich leben ließ, näm-
lich die Marine; das habe durchaus nicht länger geduldet werden können.
Es gab aber auch solche, die, um sich eine gute Nummer zu verschaffen,
den Infanteriedienst und den Drill weiter trieben, als Stosch es wohl
selbst beabsichtigt hatte. Die geringe Anziehungskraft der Marine unter
Stosch veranlaßte ihn, auch weniger geeigneten Offiziersersatz aufzuneh-
men. Dies und die Unmöglichkeit der damaligen Marine, taktische Schu-
lung zu gewähren, ist mit dafür verantwortlich, daß im Anfang des
20. Jahrhunderts die führenden Persönlichkeiten unter den Admirals-
jahrgängen dünn gesät waren.
Stosch war als Persönlichkeit scharf wie gehacktes Eisen. Er er-
freute uns bei Inspektionen leicht durch gewaltige Anschnauzer, die
oft den Kern der Sache trafen. So erinnere ich mich einer
Kritik am Schluß einer Inspizierung, die mit den lapidaren Worten
begann: „Vom Kommandanten bis zum letzten Schiffsjungen die reine
Wassersuppe.“ Der Kommandant hatte freilich die Ehre und das
Pech gehabt im Sommer den Prinzen Friedrich Karl vier Wochen an
Bord zu führen: eine Art von Besuch, die Stosch als störend für den
Dienst ansah.
Ein Seemann ist Stosch nie geworden, zumal seine nicht immer
günstig ausgewählten Ratgeber es verabsäumten, ihn aus den Armee-
begriffen in die unsrigen hinüberzuführen, und nötigenfalls auch ihm
entgegen zu treten. Es wurde zu viel befohlen und zu wenig gefragt,
und so brachte der Untergang des „Großen Kurfürsten“ im Jahre 1878,
Kritik stürmisch an die Oberfläche. Von da ab wurden die Bedingungen
der Seefahrt und des Schiffsorganismus wieder mehr berücksichtigt.
Waren auch die Anfänge der Reichsmarine durch das überragende
Prestige der Armee eigentümlich verzögert, so eilte Stosch, wie ich schon
erwähnte, seiner Zeit voraus durch die Energie, mit welcher er unsre
durch Jahrhunderte vernachlässigte Seegeltung vorantrieb. Der Be-