28 Aufstieg
Sommer 1884 mit den älteren Booten eine geeignete Taktik zu ent-
wickeln. Jetzt, wie später in den Neunziger Jahren bei der taktischen
Arbeit mit Großschiffen, ging also der taktische Aufschwung dem schwer-
fälligeren technischen voraus.
Im Jahre 1886 begründete Caprivi die Torpedoinspektion, deren
Leitung er mir übertrug. Als neu ernannter Inspekteur hatte ich mich
mit anderen Offizieren beim alten Kaiser zu melden. Er redete mit den
Einzelnen so freundschaftlich und väterlich, daß es jeden aufs wärmste
berührte. Zuletzt trat er in die Mitte, wobei seine Haltung ungezwungen
eine königliche wurde, und erinnerte uns in ernstem Ton an unsre
Pflicht. So schlicht alles war, griff es ans Herz; man fühlte die Den-
kungsart dieses Mannes, der in allem, was er tat, nur den Staat vor
Augen hatte. Man konnte sich für ihn in Stücke hauen lassen.
Im Jahr 1887 fuhr Prinz Wilhelm, der spätere Kaiser, zum Jubi-
läum seiner Großmutter nach England, wo man ihm, wohl schon wegen
des Ärztestreits um seinen Vater, schlecht aufgenommen hat. Ich führte
die Torpedoflottille, die den Prinzen begleitete und überflüssigerweise
den Engländern vorgeführt werden sollte. Da lernte ich den Prinzen
kennen, der mit leidenschaftlichem Interesse in alles Technisch-Maritime
hineinsprang.
Ein Jahr darauf gab Caprivi die Geschäfte des Chefs der Admi-
ralität an Graf Monts ab. Dieser hegte gegen alles Torpedowesen un-
verhohlene Abneigung, die übrigens fast allen älteren Offizieren damals
eigen war, teils aus einer natürlichen Ablehnung des Neuen, teils
wohl deshalb, weil nach ihrer Auffassung jüngere Offiziere dabei zu
früh in selbständige Kommandantenstellungen kamen. Jedenfalls erklärte
Graf Monts bei der ersten Inspizierung der Flottille das Ganze als
Paradestück, das für die Front unverwendbar wäre.
Ich bat darauf beim Kabinettschef einerseits um ein Bordkommando,
andererseits darum, daß dem Grafen Monts bei seinen Bestrebungen
gegen die Torpedowaffe einige Zurückhaltung auferlegt werden möchte.
Meinem Gesuche entsprechend wurde ich zum Kommandanten S. M. S.
„Preußen“ ernannt.
Die elf schönsten Jahre meines Lebens habe ich im Torpedowesen
verbracht, auf „unseren schwarzen Gesellen“, der wilden verwegenen
Jagd. Mit unseren unübertrefflichen Mannschaften verband uns Drauf-
gängerlust und gegenseitige Kameradschaft in Sturm und Gefahr. Wir