42 Aufstieg
und Westamerika hatte ähnliche Aussichten; der Eisen- und Stahlmarkt
dort wäre in unsre Hand übergegangen, und die in diesem Grad er-
weiterte wirtschaftliche Bedeutung Deutschlands mußte unsere politische
Stellung heben und auf alle übrigen deutschen Ausfuhrzweige zurück-
wirken.
Die Wertsteigerung Tsingtaus war auch deshalb zu erwarten, weil
an der ganzen näheren Küste kein einziger natürlicher Hafen lag und
die Möglichkeit einer günstigen Eisenbahnverbindung Tsingtau zur Aus-
gangsbucht für Peking machen mußte, ja sogar, was ich zuerst noch
nicht übersah, für die Linie nach Moskau über Irkutsk, wodurch die
beste Verbindung von Europa nach Ostasien nebst Australien entstand.
Die Schantungbahn erschloß das vernachlässigte Hinterland Tsingtaus.
Wir standen vor unbegrenzten Möglichkeiten wirtschaftlicher Blüte.
Die Aufstände in China zwangen uns, den sogenannten Boxerschutz
durchzuführen, die Umwallung des Stadtgebiets in einer Länge von
fünf Kilometern von Wasser zu Wasser. So vermieden wir die unmittel-
bare Nachbarschaft mit China und beseitigten das Eindringen der Un-
ruhen in unsre Nähe zur großen Befriedigung der reichen Chinesen, die
mit Vorliebe nach Tsingtau strömten. Die Chinesen wurden im Gegen-
satz zu Hongkong in einem besonderen Viertel angesiedelt, ein Zuge-
ständnis an die Europäer, das wir allerdings mit Rücksicht auf die
wohlhabenden Chinesen vielleicht nicht hätten durchhalten können. Die
Eingeborenen hatten bald Zutrauen zu unserer Gerichtsbarkeit; ihre
Stadt, der wir in hohem Maße Selbstverwaltung ließen, blühte auf.
Das Klima war verhältnismäßig gut; es entwickelte sich ein großes
Badeleben. Fieber und Typhus haben wir durch ein Wasserwerk erfolg-
reich bekämpft und die Seuchen, die China von Zeit zu Zeit verheeren,
durch die gesundheitliche Uberwachungslinie an der Boxerstellung fern-
gehalten. Den Gesundheitszustand verbesserten wir auch durch groß-
zügige Aufforstungen. Unsre Bewaldungsanlagen wurden ein Beispiel
für ganz China, wo man bis dahin nicht geglaubt hatte, daß man ent-
waldetes Land wieder aufforsten könnte. Die Chinesen hatten den Wald
bis auf den letzten Halm abgekratzt, und die Regenperiode legte große
Wildschluchten ins Land. Auch uns gelangen die Waldungen auf dem
humusentblößten Gelände im Anfang nur mit Mühe. Ihr schließlicher
Erfolg ermöglichte auch andere Anpflanzungen. Dieser Waldschutz impo-
nierte den Chinesen so, daß sie die Sache eifrig siudierten. Wir legten