Full text: Auswahl für das Feld.

den Zungen, verwandt sogar in ihrer inneren Einrichtung. Auch 
die Hansa konnte in der Fremde ihre Herrschaft nur erhalten 
durch die strenge klösterliche Zucht mönchischer Faktoreien. Auch 
das Gewerbe des Kaufmanns war in tiefes Geheimnis gehüllt 
gleichwie das Leben der geistlichen Genossenschaft. Der Blick der 
Osterlinge beherrschte einen weiteren Gesichtskreis als die Binnen— 
städte Oberdeutschlands; sie allein unter unseren Kommunen trie- 
ben große Politik gleich dem Orden, und sie begegneten sich mit 
ihm vornehmlich in dem Bestreben, den friedlosen Verkehr zur 
See endlich zu sichern. Diese Verbindung war so natürlich, daß 
das Anwachsen beider Mächte auch in der Zeit genau den gleichen 
Schritt einhielt und beide von dem Augenblicke an dem Verfall 
entgegeneilten, da sie sich miteinander entzweiten. Das glorreiche 
Jahr des Ordens (1370) war auch der Höhepunkt der hansischen 
Macht. Als Meister Winrich die Kunde empfing von dem großen 
Litauermorden auf dem Rudaufelde, da weilte an seinem Hofe 
als ein Bettler, des Ordens Vermittlung erflehend, Waldemar 
Atterdag der Däne, verjagt aus seinem Erbe durch die Bürger- 
macht der siebenundsiebzig Hansestädte; im selben Jahre unter- 
schrieb der König den Stralsunder Frieden und versprach, daß 
fürderhin keiner den Thron von Dänemark besteigen solle, als 
mit dem Willen der gemeinen Hansa. Wenige Jahrzehnte später 
traten drei preußische Städte als Bürgen ein für das königliche 
Wort Albrechts von Schweden. 
Hat auch keine der Ordensstädte die unvergleichliche Lübeck völlig 
erreicht und das Wort des deutschen Liedes zu Schanden gemacht: 
„Lubeck aller stede schone, van richer ere dragestu die krone“ — 
so stand doch von allen Gemeinwesen der Osterlinge Danzig der 
Travestadt am nächsten. Ein hochgefährliches Element in dem 
jungen Staate, fürwahr — diese überkräftige Kommune mit dem 
stolzen Adel, den leidenschaftlich bewegten Zünftlern und dem heute 
noch berüchtigten wilden Hafenvolke polnischer Weichselschiffer. Sie 
war die Erbin jener Handelsherrschaft im Osten des baltischen 
Meeres, welche dereinst dem alten Wisby auf Gotland gehörte. 
94
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.