glänzende Gelage und Gaffenspiele; dann flossen statt des Bieres
der Osterwein von Chios, die welschen Weine und der köstliche
Rainfal aus Istrien. Zu Ostern zogen die Dirnen von Marien—
burg mit Maizweigen auf das Hochschloß, um den Fürsten nach
gut preußischem Brauche einzuschließen, bis er mit einer Gabe sich
löste. Meisters welscher Garten und Karpfenteich boten manche
heitere Stunde, bald war der Lärm und Prunk fürstlicher Be-
suche zur Regel geworden an dem geistlichen Hofe. Edlerer gei-
stiger Luxus aber schien dem rauhen Militärstaate bedenklich. Noch
im fünfzehnten Jahrhundert begegnet uns ein Hochmeister, der
„kein Doktor“ ist, weder lesen noch schreiben kann. Wenn Meister
Winrich befahl, daß in jedem Konvente zwei gelehrte Brüder, ein
Theolog und ein Jurist, verweilen sollten, so hatte er nur kirch-
lich-politische Zwecke im Auge. Seine Schöpfung, die Rechtsschule
von Marienburg, ging rasch zugrunde, und die Universität von
Kulm, die der Orden in jenen Tagen zu gründen gedachte, ist
nie zustande gekommen. Die gelehrten Brüder haben Urlaub das
Gelernte zu üben, die ungelehrten aber sollen nicht lernen; genug,
wenn sie das Paternoster und den Glauben auswendig wissen.
Vollends von einem tieferen Nachdenken über göttliche Dinge
meinte der Orden wie das frühere Mittelalter: „o weh dir armen
Zweifeler, wie bist du gar verloren, du möchtest kiesen, daß du
wärest ungeboren.“ Ein Graf von Nassau ward nach tiefgeheimer
Verhandlung zu ewigem Kerker verurteilt, „weil er ein Czwifeler
was“. Im Bewußtsein solcher Schwäche bewies der Orden dem
gelehrten Mönchstume offene Mißgunst. Die geistige Aristokratie
der Mönche, die Benediktiner, duldete er gar nicht, die Zister-
zienserklöster zu Olivia und Pelplin nur, weil sie von den pom-
merschen Fürsten bereits früher gegründet waren; allein den unwissen-
den Bettelmönchen blieb er gewogen. Unter allen Wissenschaften
hat nur eine in dieser durchaus politischen Welt eine eigentümliche
Ausbildung empfangen, die Geschichtschreibung. Die Chronisten
des Ordenslandes stellen sich den Besten des deutschen Mittel-
alters an die Seite: von Peter von Dusburg an, der am Anfang
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