Full text: Auswahl für das Feld.

Reich erschienen, ihre Späne zu vertragen, hörte der Kaiser den 
Polen gnädig an und verbot dem Gesandten der deutschen Herren 
den Mund! Alle die stolzen Reden. des Kaisers, daß der Orden 
in der Weltlichkeit allein zu kaiserlicher Majestät sich halten dürfe 
— sie hatten allein bezweckt, den Polenkönig solange einzuschüch- 
tern, bis er seine Zustimmung gab zu dem Vertrage, der das Erbe 
der Jagellonen an das Haus Habsburg brachte. 
So vom Reiche verlassen, wagt der Hochmeister dennoch den 
ungleichen Kampf (1519), und zum letzten Male flackert unter dem 
deutschen Adel der Geist des alten Rittertums empor, den die 
Gewalten der neuen Zeit alsbald ersticken sollten. Franz von 
Sickingen, in Wahrheit der letzte Ritter der Deutschen, wirbt ein 
Heer und schickt seinen Sohn Hans dem Orden zu Hilfe, dazu 
„manche gute Vögel, die Nachtigall und die Singerin und anderes 
gute Feldgeschütz“. Aber des Meisters unsichere Hand weiß, der 
ungeheuren Ubermacht gegenüber, das Heer nicht zu leiten. Ge- 
schlagen, schließt er einen Beifrieden und geht Hilfe suchend ins 
Reich. « 
Jetzt endlich waren die Geister so weit gereift, um den anderen 
Gedanken zu verstehen, der allein die Monarchie in Preußen ver— 
wirklichen konnte, den Gedanken der Säkularisation. Was soll die 
müßige, oft wiederholte Klage, daß das Geschick dem Ordenslande 
nicht vergönnte, als ein mächtiger geistlicher Staat in die hellen 
Tage der Reformation einzutreten und dann sogleich in ein starkes 
weltliches Reich sich zu verwandeln? Geradeso, so verfault und 
tief verachtet mußten die politischen Gebilde der alten Kirche stehen, 
wenn der vermessene Plan das Heilige zu verweltlichen Fuß fassen 
sollte in den Gemütern. Längst durchschaut hatten die Preußen 
des heiligen Ritterbundes unheilige Weise; mit Leidenschaft also 
ergriffen sie den neuen Glauben. Am Christtag 1523 verkündete 
im Dome von Königsberg der Bischof von Samland, Georg von 
Polenz, selber der Gemeinde „die große Freude, daß der Herr 
seinem Volke zum zweiten Male geboren sei“. Er war der erste 
Kirchenfürst der Christenheit, der die Lehre des Evangeliums be— 
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