kannte. Ein Jahr später entstand die erste Druckerei in Preußen.
Mächtig wirkte die geistige Bewegung der alten Heimat auf das
ferne Grenzland. Schon sah man deutsche Herren den Predigern
der neuen Lehre horchen. Schon war der weiße Mantel nicht
sicher mehr vor dem Spotte der Buben auf den Gassen. Viele
legten freiwillig das mönchische Kleid ab. Auch an den Meister,
auf seiner Bittfahrt durch das Reich, trat die neue Zeit heran.
Nicolaus Osiander redete ihm ins Gewissen; in Wittenberg mahnte
ihn Luther, falsche Keuschheit zu meiden und zur rechten ehelichen
Keuschheit zu greifen. Eine köstliche Flugschrift ging jetzt aus von
dem Reformator an die deutschen Herren. Schonungslos enthüllte
sein waches Gewissen die geheimste Lüge des Ordensstaates: „Ein
seltsamer Orden zum Streitführen gegen die Ungläubigen, darum
weltlich und mit dem weltlichen Schwert in Handen — und soll
doch zugleich geistlich sein? wie reimt sich das zusammen? Ein groß
trefflich stark Exempel soll der Meister geben, eine rechte ordent-
liche Herrschaft gründen, die ohne Gleißen und falschen Namen
vor Gott und der Welt angenehm wäre.“
Diie lautere Wahrheit solcher Gründe kam des Meisters dynasti-
scher Ehrsucht zustatten. Er trat über zu dem neuen Glauben sei-
nes Volkes und empfing kraft des Krakauer Vertrags (8. April
1525) das Land Preußen als ein weltliches Erbherzogtum von
seinem Oheim König Sigismund zu Lehen, weil „aller Krieg und
Zwiespalt zwischen Polen und Preußen aus dem Mangel eines
rechten, regierenden, erblichen Fürsten des Landes Preußen ent-
standen“. Die große Mehrheit der deutschen Herren begrüßte mit
Freuden das neue Wesen; nur wenige blieben standhaft, allen
voran — mit dem Starrsinn seines Hauses — ein Heinrich Reuß
von Plauen. Die obersten Gebietiger des deutschen Ordens wur-
den die höchsten Beamten des neuen Herzogs. Das schwarze Kreuz
verschwand aus Herzog Albrechts Schilde, aber des Landes schwarzer
Adler blieb, nur daß er jetzt das 8 des Lehnsherrn auf seiner
Brust tragen mußte. Der Staat des Ordens war vernichtet. Und
dennoch war dies ruhmlose Ende der bescheidene Anfang einer ge-
127