sophen war das Widerstreben der Welt gar nicht vorhanden.
„Wenn ich im Dienste der Wahrheit stürbe,“ sagt er einfach,
„was täte ich dann weiter als das, was ich schlechthin tun
müßte?“ —
Ein Eloge zu halten ist nicht deutsche Weise, und in Fichtes
Geiste am wenigsten würde ich handeln, wenn ich nicht trotzig sagte,
wie gar fremd unserer Zeit, die an sich selber glaubt und glauben
soll, dieser Idealismus geworden ist, der so nur einmal möglich
war und keinen Schüler fand. Seit jenen Tage ist das Leben
unseres Volkes ein großer Werkeltag gewesen. Wir haben begonnen
in harter Arbeit den Gedanken der Welt einzubilden und sind dar—
über der Natur freundlich näher getreten. Sehr vieles nehmen
wir bescheiden hin als Ergebnis der Natur und Geschichte, was
Fichte dem Sittengesetze zu unterwerfen sich vermaß. Mit dem
steigenden Wohlstande ist ein hellerer Weltsinn in die Geister ein—
gezogen; ein schönes Gleichmaß von Genuß und Tat soll uns das
Leben sein. Wer unter uns bezweifelt, daß die Sittlichkeit der
Athener eine reinere war als die Tugend der Spartaner und dem
Genius unseres Volkes vertrauter ist? Seitdem ist auch die gute
Laune wieder zu ihrem Rechte gelangt, wir heißen sie willkommen
selbst mitten in der Spannung des Pathos; die kecke Vermischung
von Scherz und Ernst in Shakespeares Gedichten ist erst dem rea-
listischen Sinne der Gegenwart wieder erträglich geworden. Doch
eben weil jener Idealismus Fichtes unserem Sinne so fernliegt,
weil längst der Zeit verfiel, was daran vergänglich war, weil Lust
und Not des rastlosen modernen Lebens von uns selber ablenken
und jeder Uberspannung des Gedankens — ebendeshalb gereicht
es unseren fröhlicheren Tagen zum Segen, sich in diese weltver-
achtenden Ideen weltverachtender Sittlichkeit zu versenken wie in
ein stählendes Bad der Seele, Selbstbeherrschung daran zu lernen
und zu gedenken, daß ein tatloses Wesen dem Humor anhaftet und
der Dichter sicher wußte, warum er seinem Hamlet die Fülle sprudeln-
den Witzes lieh. Wie beschämt muß all unsere heitere Klugheit
verstummen vor dem einen Worte: „Nur über den Tod hinweg,
148