bildet zunächst durch die Freiheit, denn „ein Volk ist nicht mehr
umzubilden, wenn es in einen regelmäßigen Fortschritt der freien
Verfassung hineingekommen“. Aber auch im Kriege wird ein Volk
zum Volke, und hier spricht er ein Wort, dessen tiefster Sinn sich
namentlich in Fichtes Heimatlande als prophetisch bewährt hat:
„Wer den gegenwärtigen Krieg nicht mitführen wird, wird durch
kein Dekret dem deutschen Volke einverleibt werden können.“ Als
einen Erzieher zur Freiheit, zur Deutschheit brauchen wir einen
Kaiser. Osterreich kann die Hand nie erheben zu dieser Würde,
weil es unfrei und in fremde undeutsche Händel verwickelt ist; sein
Kaiser ist durch sein Hausinteresse gezwungen, „deutsche Kraft zu
brauchen für seine persönlichen Zwecke“. Preußen aber „jist ein
eigentlich deutscher Staat, hat als Kaiser durchaus kein Interesse
zu unterjochen, ungerecht zu sein. Der Geist seiner bisherigen Ge—
schichte zwingt es fortzuschreiten in der Freiheit, in den Schritten
zum Reich [das will sagen: zum Vernunftreiche]; nur so kann es
fortexistieren, sonst geht es zugrunde“.
So — nicht eingewiegt, nach der gemeinen Weise der Sdealisten,
in leere Illusionen, aber auch nicht ohne frohe Hoffnung ist Fichte
in den Tod gegangen für sein Land. Welch ein Wandel seit den
Tagen der Revolutionskriege, da er der Geliebten noch vorhielt,
daß sie gleichgültig sei gegen die Welthändel! Der Schwung der
großen Zeit, die opferbereite Empfindung weiblichen Mitgefühls
führt jetzt Johanna Fichte unter die wunden Krieger der Berliner
Hospitäler. Alle guten und große Worte des Gatten von der Macht
der göttlichen Gnade werden ihr lebendig und strömen von ihrem
Munde, da sie die unbärtigen Jünglinge der Landwehr mit dem
hitzigen Fieber ringen, in letzter Schwäche, in unbezwinglichem
Heimweh die Heilung von sich weisen sieht. In den ersten Tagen
des Jahres 1814 bringt sie das Fieber in ihr Haus. Einen Tag
lang verweilt der Gatte an ihrem Lager, eröffnet dann gefaßt seine
Vorlesungen und findet, zurückgekehrt, die Totgeglaubte gerettet.
In diesen Stunden des Wiedersehens, meint der Sohn, mag den
starken Mann der Tod beschlichen haben. In seine letzten Fieber-
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