eines Sieges sich durch unaufhaltsame Verfolgung zu verdoppeln
pflegt. Ob Wellington dann noch einen Schlag gegen Ney wagte,
erschien mindestens zweifelhaft; wahrscheinlicher doch, daß der Be—
dachtsame sich auf Antwerpen zurückzog. Es war nicht Kleinmut,
was den Imperator hinderte, diesen Entschluß zu fassen, sondern
der alte Fehler der Überhebung. Wie einst nach der Dresdener
Schlacht und nach den Siegen in der Champagne, so dachte er
auch jetzt zu niedrig von dem Gegner; er glaubte bestimmt, die
Preußen eilten in voller Auflösung dem Rheine zu, und hielt nicht
einmal für nötig, ihren Rückzug beobachten zu lassen. Stand es
also wie er wähnte, dann blieb ihm freilich Zeit vollauf, um das
englische Heer zu schlagen. Gemächlich ließ er seine Truppen am
Vormittag des 17. rasten. Seine Gedanken weilten mehr in Paris
als bei dem Heere; er fragte seine Generale, was wohl die Jako-
biner nach diesem neuen Siege des Kaiserreichs tun würden. Erst
um Mittag befahl er dem Marschall Grouchy, den Preußen zu
folgen, in der Richtung ostwärts nach Gembloux und der Maas,
sie nicht aus den Augen zu lassen und ihre Niederlage zu voll-
enden; für diesen Zweck gab er dem Marschall 33000 Mann,
eine Macht, zu stark für ein Beobachtungskorps, zu schwach, um
eine Schlacht gegen das gesamte preußische Heer zu wagen. Grouchy
zog während der zweiten Hälfte des Tages nach Osten in die Irre,
ohne der Preußen gewahr zu werden. Erst am Morgen des 18.
fand er ihre Spur und wendete sich gegen Wavre: aber von Gnei-
senaus Plänen ahnte er nichts, sondern vermutete nunmehr die
preußische Armee auf dem Rückzuge nach Brüssel. Er so wenig
wie sein Kaiser hielt für denkbar, daß ein geschlagenes Heer sich
sogleich nach der Schlacht wieder ordnen und zu einem neuen An-
griffe rüsten könnte. Der Gedanke, sich zwischen die beiden Heere
der Koalition einzuschieben, kam dem Imperator jetzt nicht mehr
in den Sinn, da die Möglichkeit des Rückzuges der Preußen nach
Norden durchaus außerhalb seiner Berechnung lag. Er selber ver-
einigte sich am Nachmittage des 17. in der Nähe von Quatrebras
mit der Armee Neys, zog dann in voller Sicherheit nordwärts
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