Alten und Volkstümlichen machte die Romantiker zu Gegnern der
Revolution; sie haßten „den glattgewalzten Rasen“ der modernen
Rechtsgleichheit, sie haßten das Naturrecht, das die schöne Mannig-
faltigkeit der historischen Erscheinungen unter die Schere seiner
kahlen Regeln nahm, sie verabscheuten das neue Weltreich, das
den Reichtum nationaler Staats= und Rechtsbildungen zu zer-
stören drohte. Es geschah zum ersten Male in aller Geschichte
und konnte nur in einem so durchaus idealistischen Volke geschehen,
daß eine ursprünglich rein ästhetische Bewegung die politischen An-
schauungen verjüngte und umgestaltete. Für dies Geschlecht war
die Poesie wirklich der Ozean, dem alles entströmte. Wenn Wissen-
schaft, Glauben und Kunst als die notwendigen Gebilde des Volks-
geistes verstanden werden sollten, so doch sicherlich auch Recht und
Staat; früher oder später mußte dieser notwendige Schluß gezogen
und der Gedanke des nationalen Staates für die deutsche Wissen-
schaft erobert werden. Die Verbindung zwischen Friedrich Gentz
und der romantischen Schule beruhte auf dem Gefühle einer tiefen
inneren Verwandtschaft, und geradeswegs aus den geschichtsphilo-
sophischen Ideen und Ahnungen der Romantiker ist nachher die
Historische Staatslehre Niebuhrs und Savignys hervorgegangen.
Ebenso folgenreich wurde die Wiederbelebung des religiösen Ge-
fühls, die sich in dem jungen Geschlechte vorbereitete. Die klassi-
sche Dichtung hielt sich dem kirchlichen Leben fern; sie wollte „aus
Religion“ keine der bestehenden Religionen bekennen, obgleich sie
mit den sittlichen Grundgedanken des Protestantismus innig ver-
wachsen war. Kant sah in der Religion die Erkenntnis unserer
Pflichten als göttlicher Gebote, die Aufnahme des Göttlichen in
den Willen; seine erhabene Strenge wurde den Gefühlen des
gläubigen Herzens, dem Drange der Erhebung und Ergebung
nicht völlig gerecht. Eben diese wunderbare Welt des Gefühles,
der ahnenden Sehnsucht zog die Blicke der Romantiker unwider-
stehlich an. Während ihre Schwarmgeister an der sinnlichen Schön-
heit des katholischen Kultus sich berauschten oder nach einer neuen
ästhetischen Weltreligion suchten, stand der junge Schleiermacher
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